Parkgebührenärger an der Ostsee 2025: Wo das Parken zum Luxus und Politikum wird

| von if

Das Bild ist tief im kollektiven Gedächtnis verankert: eine Familie, die an einem sonnigen Tag an die Ostsee fährt, die Picknickdecke unter dem Arm, die Kinder voller Vorfreude auf Sandburgen und Meer. Es ist das Sinnbild eines unkomplizierten, naturnahen und vor allem bezahlbaren Naherholungsziels. Doch spätestens mit der Saison 2025 hat dieser Mythos tiefe Risse bekommen. Wer heute mit dem Auto an die Küste Schleswig-Holsteins oder Mecklenburg-Vorpommerns reist, erlebt oft schon bei der Ankunft eine böse Überraschung: Die Parkgebühren sind in vielen Orten nicht nur gestiegen, sie sind förmlich explodiert. Die Kosten für das Abstellen des Fahrzeugs können mittlerweile das Budget für ein Familienessen im Restaurant übersteigen.

Parkgebührenärger an der Ostsee 2025: Wo das Parken zum Luxus und Politikum wird
Das Parken wir überall immer schwieriger und teurer; Bild von Michi S auf Pixabay

Diese Entwicklung ist weit mehr als nur ein Ärgernis für Urlauber. Sie markiert einen kritischen Wendepunkt, der das sozioökonomische Gefüge der gesamten Küstenregion zu verändern droht. Die drastisch erhöhten Tarife beeinflussen, wer sich einen Tag am Meer überhaupt noch leisten kann, sie stellen die Existenzgrundlage lokaler Einzelhändler und Gastronomen infrage und belasten den Alltag derer, die hier das ganze Jahr über leben. Dieser Report bietet eine umfassende, datengestützte Analyse dieses Phänomens. Er beleuchtet die neuen, komplexen Gebührenstrukturen, hinterfragt die offiziellen Begründungen der Kommunen, dokumentiert die bereits spürbaren Konsequenzen für Wirtschaft und Gesellschaft und zeigt auf, welche Lösungsansätze existieren. Denn wie der überraschende Fall der Stadt Eutin zeigt, ist der Trend zu immer höheren Parkgebühren nicht unumkehrbar – vorausgesetzt, es gibt den politischen Willen zum Umdenken.

Die neue Preis-Landkarte: Ein detaillierter Küsten-Check 2025

Die Parkgebühren an der deutschen Ostseeküste präsentieren sich im Jahr 2025 als ein unübersichtlicher Flickenteppich. Während einige Gemeinden die Preisschraube massiv angezogen haben, halten andere an moderaten Tarifen fest oder setzen auf innovative Gegenmodelle. Eine detaillierte Analyse der wichtigsten Tourismusorte zeigt die enormen Unterschiede und die neue Kostenrealität für Besucher und Einheimische.

Die Lübecker Bucht: Drastische Erhöhungen und politische Kontroversen

Die Region rund um die Lübecker Bucht, eines der beliebtesten Ziele für Tages- und Wochengäste, steht im Zentrum der Preisexplosion. Insbesondere die Hansestadt Lübeck hat mit einer radikalen Neuregelung für Aufsehen und erheblichen Unmut gesorgt.

Lübeck & Travemünde: Zum 1. Juni 2025 trat in Lübeck eine neue Parkgebührenverordnung in Kraft, die das Stadtgebiet in fünf Zonen mit drastisch erhöhten Tarifen einteilt.
Im Seebad Travemünde-Zentrum (Zone IV) stieg der Preis pro Stunde auf 3,20 Euro (berechnet aus 1,60 Euro je 30 Minuten). Ein Schock für viele Tagesgäste ist jedoch vor allem die Erhöhung des Tagestickets: Statt der früheren 4 Euro werden nun 12,00 Euro fällig. In der Lübecker Altstadt (Zone I) kostet die Stunde nun 3,00 Euro. Besonders einschneidend ist hier die vollständige Abschaffung des Tagestickets, was längeres Parken für Kultur- oder Einkaufsbesuche extrem verteuert. Diese massive Erhöhung, die an einigen Stellen einem Aufschlag von über 160 Prozent entspricht, sorgte für heftige politische Auseinandersetzungen. Der Lübecker Bürgermeister setzte die Verordnung per Erlass durch, woraufhin eine Mehrheit in der Bürgerschaft die Kommunalaufsicht einschaltete, um die Rechtmäßigkeit dieses Vorgehens prüfen zu lassen.

Scharbeutz: Auch in Scharbeutz müssen Autofahrer tiefer in die Tasche greifen. In der Hauptsaison vom 1. April bis zum 31. Oktober werden auf den öffentlichen Parkplätzen 2,00 Euro pro Stunde fällig; in der Nebensaison ist es 1,00 Euro. Ein Tagesticket kann bis zu 12 Euro kosten. Als kleines Entgegenkommen gibt es an den Automaten eine sogenannte „Brötchentaste“ für 30 Minuten kostenloses Parken. Einige Großparkplätze, wie der am Hamburger Ring, bieten zudem eine begrenzte Anzahl gänzlich kostenfreier Stellplätze an, was die Suche jedoch zu einem Glücksspiel macht.

Timmendorfer Strand: Die Gebührenstruktur in Timmendorfer Strand ist komplex und unterscheidet sich je nach Saison und Parkzone. Die aktuellsten verfügbaren Detaildaten stammen aus einer Verordnung von 2022, die die Grundlage für die derzeitige Preisgestaltung bildet. Auf den großen Parkplätzen der Zone 2 (z.B. P1 ETC, P2 Zentrum/SeaLife) kostet das Parken in der Sommersaison (1. April bis 31. Oktober) 2,00 Euro pro Stunde. Die Tageshöchstgebühr liegt hier bei 12,00 Euro. Diese Differenzierung ist entscheidend, da die Kosten je nach Standort stark variieren können.

Ostholsteins Badeorte: Zwischen Preisschock und innovativer Finanzierung

Weiter östlich entlang der Küste zeigt sich ein ähnlich heterogenes Bild. Einige Orte folgen dem Trend der drastischen Erhöhungen, während andere versuchen, die Mehreinnahmen durch sichtbare Gegenleistungen für die Bürger zu legitimieren.

Laboe (Kreis Plön): Das Ostseebad Laboe ist ein Beispiel für eine besonders unübersichtliche und teure Preisgestaltung. Die pauschale Angabe eines 20-Euro-Tagestickets in früheren Berichten erweist sich als ungenau. Die offizielle Gebührenordnung der Gemeinde offenbart eine stark standortabhängige Tarifstruktur. Auf Parkplätzen in Premiumlage wie Katzbek, Wiesenweg oder am Freistrand kann ein Tagesticket (bis zu 14 Stunden) bis zu 21,50 Euro kosten. Günstiger ist es an den großen Parkplätzen am Marine-Ehrenmal, wo die Tageskarte bei 10,00 Euro liegt. Die Stundensätze beginnen bei mindestens 2,00 Euro (1,00 Euro für 30 Minuten), was Laboe zu einem der teuersten Pflaster an der Küste macht.

Dahme: In Dahme wurde die Erhöhung klar und deutlich umgesetzt. Eine neue Gemeindeverordnung, die am 4. März 2025 in Kraft trat, bestätigt den Anstieg des Stundensatzes von 1,50 Euro auf 2,00 Euro und des Tagestickets von 7,50 Euro auf 10,00 Euro.

Heiligenhafen: Die Stadt Heiligenhafen verfolgt einen bemerkenswerten Sonderweg. Auch hier wurden die Parkgebühren mit einer neuen Verordnung zum 1. Mai 2025 angehoben. An attraktiven Standorten wie der Werftstraße kostet das Parken nun 3,00 Euro pro Stunde (1,50 Euro je 30 Minuten). Ein Tagesticket am bei Wassersportlern beliebten Parkplatz „Surfer Paradise“ kostet 9,00 Euro. Der entscheidende Unterschied zu anderen Orten liegt jedoch in der Zweckbindung der Einnahmen: Die Mehreinnahmen aus den Parkgebühren werden direkt zur Finanzierung eines kostenlosen Stadtbusverkehrs für Einheimische und Inhaber der Ostsee-Card verwendet.

Grömitz: Im Gegensatz zum allgemeinen Trend erweist sich Grömitz als vergleichsweise moderat. Auf vielen Parkplätzen beträgt die Gebühr weiterhin 0,50 Euro pro halbe Stunde (1,00 Euro/Stunde). Die Tagestickets sind mit Preisen zwischen 3,00 Euro, 4,00 Euro und 6,00 Euro, je nach Lage, deutlich günstiger als in den Nachbargemeinden. Grömitz positioniert sich damit als eine preislich attraktivere Alternative in der Region.

Das Binnenland: Ein differenziertes Bild

Auch abseits der unmittelbaren Küstenlinie steigen die Gebühren, wenn auch meist in einem gemäßigteren Rahmen. Hier finden sich jedoch auch Gegenbeispiele, die auf eine bewusste Strategie der Kundenfreundlichkeit hindeuten.

Plön: In der Kreisstadt Plön, im Herzen der Holsteinischen Schweiz, sind die Tarife spürbar niedriger als an der Küste. Am zentralen Marktplatz liegt der Tarif bei 1,00 Euro pro halbe Stunde, während an touristischen Ausflugszielen wie der Fegetasche oder der Prinzeninsel ein Tagesticket für 3,00 Euro erhältlich ist. Geplante Erhöhungen sehen einen Anstieg auf 5,00 Euro für das Tagesticket vor, was immer noch deutlich unter dem Küstenniveau liegt.

Malente: Bad Malente-Gremsmühlen schwimmt bewusst gegen den Strom. Die Gemeinde hält mit dem „Großparkplatz Krützen“ eine große, zentrale und komplett kostenfreie Parkmöglichkeit vor und wirbt aktiv damit. Dies kann als strategischer Versuch gewertet werden, sich als einkaufs- und besucherfreundliche Alternative zu den teuren Nachbarorten zu positionieren.

Fallstudie Eutin: Vom Preistreiber zum Vorreiter?

Die Entwicklung in der Rosenstadt Eutin ist die vielleicht bemerkenswerteste Geschichte der Parkgebührendebatte 2025. Sie zeigt, wie schnell eine als überzogen empfundene Preispolitik scheitern und durch bürgerschaftliches und wirtschaftliches Engagement korrigiert werden kann.

Zunächst schloss sich Eutin im Mai 2025 dem Trend der Preiserhöhungen an und übertraf dabei sogar viele Küstenorte. Die Gebühr wurde auf 1,10 Euro pro 30 Minuten (2,20 Euro/Stunde) und ein Tagesticket auf 7 Euro festgesetzt. Die Reaktion der lokalen Wirtschaft war prompt und verheerend. Geschäftsleute berichteten von „drastischen Umsatzeinbußen“ und massivem Kundenfrust. Die Wirtschaftsvereinigung Eutin (WVE) organisierte Proteste und trat in einen Dialog mit der Stadtverwaltung.

Dieser Druck führte zu einer außergewöhnlichen politischen Kehrtwende. Zum 15. Juli 2025 wurde die Gebührenordnung komplett überarbeitet. Der Stundensatz wurde auf 1,80 Euro (0,90 Euro je 30 Minuten) gesenkt. Die weitaus bedeutendste Änderung war jedoch die Einführung des gebührenfreien Wochenendes: Das Parken in der gesamten Innenstadt ist seitdem an Samstagen und Sonntagen komplett kostenlos. Damit hat sich Eutin von einem Negativbeispiel zu einem potenziellen Vorbild für eine bürger- und wirtschaftsfreundliche Parkraumbewirtschaftung entwickelt, die die Bedeutung des Wochenend-Einkaufsverkehrs anerkennt.

OrtStundensatz (Spanne)Tagesticket (Spanne)Besondere Regelungen / Anmerkungen
Travemünde3,20 € (Zentrum)12,00 €Teil eines 5-Zonen-Systems; hohe Belastung für Anwohner.
Lübeck (Altstadt)3,00 €Kein Tagesticket verfügbarAbschaffung des Tagestickets verteuert Langzeitparken erheblich.
Scharbeutz2,00 € (Hauptsaison)bis zu 12,00 €„Brötchentaste“ für 30 Min. gratis; teilweise kostenfreie Plätze.
Timmendorfer Strand2,00 € (Hauptsaison)12,00 € (Hauptsaison)Saisonal unterschiedliche Tarife in verschiedenen Zonen.
Laboeab 2,00 €10,00 € – 21,50 €Sehr komplexe, standortabhängige Preisstruktur.
Dahme2,00 €10,00 €Klare Erhöhung durch neue Verordnung im März 2025.
Heiligenhafenbis zu 3,00 €9,00 €Einnahmen finanzieren einen kostenlosen Stadtbus für Einheimische und Gäste.
Grömitzab 1,00 €3,00 € – 6,00 €Im regionalen Vergleich preislich moderat.
Eutin1,80 € (Mo–Fr)9,00 € (Mo–Fr)Samstags und sonntags komplett gebührenfrei nach Protesten der Wirtschaft.
Plönab 1,00 €3,00 € – 5,00 €Deutlich günstiger als die Küstenorte.

Hinter den Preisschildern: Die offizielle Begründung der Kommunen

Die Kommunen verteidigen die teils drastischen Gebührenerhöhungen mit einem Bündel an Argumenten, die von finanziellem Nachholbedarf über verkehrspolitische Lenkungsabsichten bis hin zu innovativen Finanzierungsmodellen reichen. Eine kritische Betrachtung zeigt jedoch, dass die Stichhaltigkeit dieser Begründungen stark variiert.

Ein zentrales und oft wiederholtes Argument ist der schlichte Nachholbedarf. Insbesondere in Lübeck wurde darauf verwiesen, dass die Parkgebühren seit 2008 nicht mehr angepasst worden waren. In diesem Zeitraum seien nicht nur die Kosten für die Bewirtschaftung der Parkflächen gestiegen, sondern auch die Preise für den öffentlichen Nahverkehr um rund 40 Prozent. Die Erhöhungen seien daher auch ein notwendiger Schritt, um die Einnahmen an die allgemeine Kostenentwicklung anzugleichen.

Das am häufigsten genannte politische Ziel ist die sogenannte Verkehrslenkung. Durch eine gezielte Verteuerung des Parkraums in besonders frequentierten Lagen wie den Innenstädten oder in Strandnähe soll der Individualverkehr reduziert werden. Die Hoffnung ist, dass Besucher und Pendler auf umweltfreundlichere Alternativen wie den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) oder das Fahrrad umsteigen, was zu einer Entlastung der Verkehrsinfrastruktur und einer höheren Aufenthaltsqualität führen soll.

Allerdings offenbart sich hier eine erhebliche Glaubwürdigkeitslücke. Eine wirksame Verkehrslenkung erfordert nicht nur abschreckend hohe Parkgebühren, sondern vor allem attraktive und praktikable Alternativen. Daran mangelt es aber erheblich.

Einen gänzlich anderen Weg beschreitet Heiligenhafen mit seinem Kreuzfinanzierungsmodell. Hier wird die unpopuläre Maßnahme der Gebührenerhöhung direkt an eine populäre Gegenleistung gekoppelt: die Finanzierung des kostenlosen Stadtbusses. Dieses Modell schafft eine hohe Transparenz über die Mittelverwendung und bietet den Bürgern und Gästen einen direkten, spürbaren Mehrwert. Wer mit dem Auto parkt, subventioniert aktiv eine nachhaltige Mobilitätsalternative für alle. Diese klare Verknüpfung erhöht die Akzeptanz in der Bevölkerung erheblich und stellt einen intelligenten politischen Ansatz dar, der sich deutlich von der reinen Gebührenerhebung in anderen Gemeinden abhebt.

Kollateralschaden oder Kalkül? Die sozioökonomischen Folgen

Die massiven Erhöhungen der Parkgebühren bleiben nicht ohne weitreichende Konsequenzen. Sie greifen tief in das soziale und wirtschaftliche Leben der Küstenorte ein und führen zu Verwerfungen, die von den Entscheidungsträgern entweder billigend in Kauf genommen oder unterschätzt wurden.

Anwohner unter Druck: Wenn der Alltag zum Luxus wird

Besonders hart treffen die neuen Tarife die Menschen, die in den Tourismushochburgen leben. In Travemünde ist eine Welle der Empörung entstanden, da die Gebühren nicht nur Urlauber, sondern auch die ansässige Bevölkerung bei alltäglichen Erledigungen belasten. In einer Sitzung des Ortsrates klagte eine Einwohnerin, dass „ein normales Leben in Travemünde so gar nicht mehr möglich“ sei. Selbst kurze Besuche beim Arzt, Friseur oder Bäcker seien nun mit Parkkosten von „sechs, sieben oder acht Euro“ verbunden. Diese Entwicklung trifft vor allem Menschen mit geringerem Einkommen und ältere Bürger, die auf ihr Auto angewiesen sind. Die Parkgebühr wird so zu einer zusätzlichen Alltagssteuer, die das Leben in einer ohnehin schon teuren Region weiter verteuert. Als Reaktion auf die zahlreichen Beschwerden wird nun über die Einführung von gesonderten Anwohnerparkzonen diskutiert, um zumindest eine teilweise Entlastung zu schaffen.

Einzelhandel und Gastronomie: Die Angst vor der leeren Innenstadt

Die Sorge, dass die hohen Parkgebühren Kunden abschrecken, ist unter den Gewerbetreibenden an der gesamten Küste groß. Wie berechtigt diese Angst ist, hat sich exemplarisch in Eutin gezeigt. Nach der Gebührenerhöhung im Mai 2025 meldeten die dortigen Einzelhändler umgehend „drastische Umsatzrückgänge“. Kunden aus dem Umland, die für einen Einkaufsbummel in die Stadt kamen, blieben aus, weil das Parken unattraktiv und teuer geworden war. Dieser direkte und messbare wirtschaftliche Schaden war letztlich der Auslöser für die erfolgreichen Proteste, die zur Rücknahme der Gebührenordnung führten. Der Fall Eutin dient als warnendes Beispiel dafür, dass die Parkraumbewirtschaftung ein entscheidender Faktor für die Vitalität von Innenstädten ist und eine rein fiskalisch motivierte Preispolitik schnell nach hinten losgehen kann.

Die Spaltung der Gästestruktur: Abschied vom Tagestouristen?

Die neuen Parkgebühren sind Teil einer größeren Kostenentwicklung, die die Zusammensetzung der Gästegruppen an der Ostsee nachhaltig verändern könnte. Die Parkgebühr ist selten eine isolierte Ausgabe. Für einen Tagesausflug nach Travemünde summieren sich die Kosten schnell: 12 Euro für das Parkticket, dazu kommt die Strandgebühr oder Kurtaxe, die ebenfalls entrichtet werden muss. Diese kumulative Belastung macht den spontanen, preiswerten Ausflug für Familien mit kleinerem Budget zunehmend unattraktiv.

Diese Preispolitik scheint eine strategische Neuausrichtung zu begünstigen, weg vom Massentourismus und hin zu einer kaufkräftigeren Klientel. Extreme Beispiele wie die Parkgebühren von 96 Euro pro Tag für Nicht-Hotelgäste an der Yachthafenresidenz Hohe Düne in Warnemünde unterstreichen diesen Trend. Während Kommunen und Luxus-Hotellerie auf höhere Pro-Kopf-Ausgaben spekulieren, birgt diese Strategie erhebliche Risiken. Die Region könnte ihre traditionelle Basis an Tagesausflüglern und Familien verprellen, die für die Grundauslastung vieler kleinerer Betriebe wie Imbisse, Bäckereien und Souvenirläden essenziell sind. Langfristig droht eine Homogenisierung der Gästestruktur und der Verlust des Images als zugängliches und volksnahes Urlaubsziel.

Auswege aus der Park-Falle: Strategien für Besucher und Lösungsansätze

Angesichts der neuen Kostenstruktur müssen Besucher ihre Reise an die Ostsee sorgfältiger planen. Gleichzeitig stehen die Kommunen vor der Herausforderung, intelligente und nachhaltige Mobilitätskonzepte zu entwickeln, die über reine Preiserhöhungen hinausgehen.

Für den Gast: Spartipps und Alternativen 2025

Trotz der allgemeinen Teuerung gibt es weiterhin Möglichkeiten, die Parkkosten zu reduzieren oder ganz zu umgehen.

  • Kostenlose Parkplätze nutzen: Auch wenn sie selten geworden sind, existieren sie noch. Eine gezielte Suche lohnt sich. In Scharbeutz gibt es auf den Großparkplätzen am Hamburger Ring (75 Plätze) und an der Pönitzer Chaussee (100 Plätze) ausgewiesene kostenfreie Bereiche.Neustadt in Holstein bietet am Gogenkrog kostenloses Parken an. In Malente steht der große Zentralparkplatz „Krützen“ komplett gebührenfrei zur Verfügung , und auch in Grömitz gibt es am Neuen Markt (Theodor-Klinkforth-Straße) einen kostenlosen Parkplatz.
  • Park & Ride (P+R) prüfen: Das P+R-Angebot ist in der Region noch unterentwickelt, aber es gibt einzelne Optionen. In Eutin befindet sich ein P+R-Parkplatz direkt am Bahnhof, der einen einfachen Umstieg auf den Zug ermöglicht. Auch in Haffkrug gibt es einen kleinen P+R-Parkplatz an der Autobahnausfahrt. Besucher sollten sich jedoch vorab über die Taktung und Kosten der Anschlussverbindungen informieren, da ein flächendeckendes Shuttle-System meist fehlt.
  • Öffentliche Verkehrsmittel (ÖPNV) bevorzugen: Wo der ÖPNV gut ausgebaut und preislich attraktiv ist, stellt er die beste Alternative dar. Das Vorzeigemodell ist Heiligenhafen, wo Inhaber der Ostsee-Card und Einheimische den Stadtbus komplett kostenlos nutzen können. In der gesamten Lübecker Bucht (u.a. Scharbeutz, Timmendorfer Strand) ermöglicht die Ostsee-Card zudem die Nutzung vieler Buslinien für nur 1 Euro pro Fahrt, was eine erhebliche Ersparnis gegenüber dem Parkticket darstellt.
  • Die Ortswahl überdenken: Budgetbewusste Urlauber sollten die Parkgebühren als festen Posten in ihre Reiseplanung einbeziehen. Ein Vergleich lohnt sich: Ein Tag in Grömitz (Tagesticket 3–6 Euro) oder ein Wochenende in Eutin (am Wochenende gratis) kann die Urlaubskasse deutlich weniger belasten als ein Aufenthalt in Travemünde (12 Euro) oder Laboe (bis zu 21,50 Euro).

Für die Region: Ein Plädoyer für intelligente Mobilitätskonzepte

Die aktuelle Situation zeigt, dass das alleinige Anheben von Parkgebühren ein zu kurz greifendes Instrument ist, das erhebliche negative Nebenwirkungen hat. Für eine zukunftsfähige Entwicklung der Tourismusregion sind intelligentere und integrierte Ansätze erforderlich.

Die positiven Beispiele zeigen, welche Wege möglich sind. Das Heiligenhafener Modell beweist, dass eine transparente Kopplung von Gebühren an eine konkrete Verbesserung des öffentlichen Nahverkehrs die Akzeptanz steigern kann. Die Entwicklung in Eutin wiederum unterstreicht die Notwendigkeit, wirtschaftliche Akteure und Bürger in die Planungsprozesse einzubeziehen und auf negative Entwicklungen flexibel zu reagieren.

Wenn das Ziel der „Verkehrslenkung“ ernst gemeint ist, müssen die Kommunen in die Alternativen investieren. Dazu gehören der massive Ausbau von P+R-Plätzen an den Hauptzufahrtsstraßen, die Einrichtung hochfrequenter und kostengünstiger Shuttle-Busse in den Saisonzeiten sowie der Ausbau sicherer und durchgehender Radwegenetze. Die fortschreitende Digitalisierung, etwa durch Bezahl-Apps, kann zwar den Komfort erhöhen, löst aber nicht das Kernproblem der hohen Preise. Ohne attraktive Alternativen bleibt die Parkgebühr ein reines Einnahmeinstrument, das die Attraktivität der gesamten Region gefährdet.

Ein Wendepunkt für den Ostsee-Tourismus

Die Saison 2025 markiert einen tiefen Einschnitt in der Kostenstruktur eines Urlaubs an der deutschen Ostseeküste. Ein unkoordinierter Flickenteppich kommunaler Einzelentscheidungen hat zu einer Preisspirale beim Parken geführt, die das traditionelle Bild der Region als erschwingliches Reiseziel nachhaltig erschüttert.

Die Kommunen riskieren mit dieser Politik, zwei ihrer wichtigsten Zielgruppen zu verprellen: die einheimische Bevölkerung, deren Alltag durch die Zusatzkosten erheblich erschwert wird, und die preissensiblen Tagesgäste und Familien, die seit jeher das Rückgrat des Küstentourismus bilden. Die Gefahr einer zunehmenden sozialen Segregation, bei der der Strandbesuch zum Luxusgut für eine zahlungskräftige Elite wird, ist real.

Der Weg aus dieser Park-Falle erfordert mehr als nur kosmetische Korrekturen an den Gebührenordnungen. Es bedarf eines grundlegenden Umdenkens hin zu einer regional koordinierten und intelligenten Mobilitätsstrategie. Offene Kommunikation mit Bürgern und Wirtschaft, wie sie in Eutin erzwungen wurde, sowie mutige Investitionen in echte Alternativen zum Auto, wie sie in Heiligenhafen ansatzweise sichtbar werden, sind unerlässlich. Nur so kann sichergestellt werden, dass die Ostseeküste auch in Zukunft ein Sehnsuchtsort für alle bleibt – und nicht nur eine exklusive Enklave für jene, die sich das Parken leisten können.

Schreibe einen Kommentar