Die berühmte Wiener Kaffeehauskultur nahm ihren Anfang nach der Zweiten Türkenbelagerung 1683. Als „Kaffeesieder“ erstmals Kaffeebohnen in Wien zubereiteten, begann eine urbane Entwicklung, die bis heute Bestand hat: Seit dem späten 17. Jahrhundert dienten Kaffeehäuser nicht nur der Gastronomie, sondern waren Rückzugsorte für Literaten, Künstler und Intellektuelle – zugleich aber auch Teil der Alltagskultur des Wiener Bürgertums. Heute sind die traditionellen Cafés ein touristisches Aushängeschild der Stadt, das Besucher aus aller Welt anzieht.
In den klassischen Kaffeehäusern werden Zeitungen gereicht, Melange und Mokka nach traditionellen Methoden serviert, und das Verweilen gilt als legitime Hauptbeschäftigung. Viele Lokale bieten Live-Musik oder Lesungen, manche stehen unter Denkmalschutz, andere behaupten sich im Spannungsfeld von Tourismus, Gastronomie und historischer Inszenierung.
1. Café Central
Das Café Central im Palais Ferstel ist eines der bekanntesten und am stärksten frequentierten Kaffeehäuser Wiens. Seit seiner Eröffnung 1876 war es Treffpunkt für Größen wie Sigmund Freud, Arthur Schnitzler und Leo Trotzki. Die prachtvolle Innenarchitektur mit Säulen und Kuppelgewölbe erinnert an eine Zeit imperialer Prachtentfaltung. Aufgrund des hohen Andrangs ist mit Wartezeiten zu rechnen, Platzzuweisung ist üblich.
📍 Herrengasse 14, 1010 Wien
🌐 https://cafecentral.wien/
2. Café Landtmann
Eines der letzten authentischen Ringstraßencafés, gegründet 1873. Prominente aus Politik, Kultur und Medien zählen zum Stammpublikum. Die Einrichtung ist klassisch-elegant, das Personal professionell. Der Schanigarten bietet Platz mit Blick auf das Burgtheater und das Rathaus. Seit Jahren Nichtraucherbetrieb (außer im Außenbereich).
📍 Dr.-Karl-Lueger-Ring 4, 1010 Wien
🌐 www.landtmann.at
3. Café Hawelka
Ein Künstlercafé mit Patina: Das 1939 eröffnete Hawelka bewahrt bis heute das Flair der Nachkriegszeit. Der Innenraum wurde seit Jahrzehnten kaum verändert, entsprechend nostalgisch fällt der Gesamteindruck aus. Legendär sind die Buchteln, die abends frisch aus der Küche kommen.
📍 Dorotheergasse 6, 1010 Wien
🌐 www.hawelka.at
4. Café Demel
Die ehemalige k.u.k. Hofzuckerbäckerei wurde 1786 gegründet. Noch heute kann man in historischen Räumen Mehlspeisen wie Apfelstrudel oder Esterházy-Schnitte genießen. Der Standort nahe der Hofburg und die Schaufenster mit Patisserie-Handwerk machen es auch zu einer touristischen Attraktion.
📍 Kohlmarkt 14, 1010 Wien
🌐 www.demel.at
5. Café Imperial
In das Luxushotel Imperial integriert, ist das Café stilistisch eine Hommage an das 19. Jahrhundert. Die berühmte Imperial-Torte wird noch heute nach ursprünglicher Rezeptur gefertigt. Die Preise sind dem Rahmen entsprechend gehoben, das Ambiente entspricht einem Grandhotel-Salon.
📍 Kärntner Ring 16, 1010 Wien
🌐 www.cafe-imperial.at
6. Café Sperl
Ein authentisches, weniger touristisches Traditionscafé aus dem Jahr 1880 mit Billardtischen, Thonet-Mobiliar und ruhigem Flair. Beliebt bei Intellektuellen, Künstlern und Einheimischen. Die Karte bietet klassische Kaffeehausküche, das Personal ist unaufdringlich.
📍 Gumpendorfer Straße 11, 1060 Wien
🌐 www.cafesperl.at
7. Café Schwarzenberg
Das erste Ringstraßencafé (seit 1861) vermittelt einen nüchternen, historistischen Stil. Es ist eher Treffpunkt für Geschäftsleute und Messebesucher, weniger für Literaten. Regelmäßig finden kleine Konzerte statt. Die Küche ist traditionell österreichisch, das Service solide.
📍 Kärntner Ring 17, 1010 Wien
🌐 www.cafe-schwarzenberg.at
8. Café Sacher
Untrennbar verbunden mit der gleichnamigen Torte: Das Café im Hotel Sacher gegenüber der Staatsoper lebt vom Glanz des Mythos. Täglich bilden sich Schlangen vor dem Eingang. Trotz des touristischen Andrangs ist der Besuch für viele ein Pflichttermin.
📍 Philharmonikerstraße 4, 1010 Wien
🌐 www.sacher.com/hotel-sacher-wien
9. Café Frauenhuber
Das älteste noch betriebene Kaffeehaus Wiens (seit 1824), in dem einst Mozart und Beethoven auftraten. Zentral gelegen, aber weniger überlaufen als andere Klassiker. Gediegene Atmosphäre, solide Küche, moderate Preise.
📍 Himmelpfortgasse 6, 1010 Wien
🌐 www.cafefrauenhuber.at
10. Café Prückel
Ein traditionsreiches Ringstraßencafé, das 1950er-Jahre-Stil pflegt – durch ein Design-Update 1989 erhalten. Beliebt bei Studierenden, Architekten und älterem Stammpublikum. Die Atmosphäre ist lebendig, das Preisniveau moderat. Im Sommer ist der Schanigarten gut besucht.
📍 Stubenring 24, 1010 Wien
🌐 www.prueckel.at
Wiener Kaffeehäuser sind weit mehr als gastronomische Betriebe – sie sind kulturelle Institutionen, stille Beobachtungsposten und soziale Räume. Wer die Wiener Seele verstehen will, sollte nicht nur einen Espresso bestellen, sondern sich Zeit nehmen, eine Zeitung aufschlagen – und beobachten.