Von Tarifa nach Tanger und zurück an einem Tag: Die Highlights und die Herausforderungen eines Kurztrips über die Straße von Gibraltar

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Ein Tagesausflug von Tarifa in Andalusien nach Tanger, Marokko, bietet eine seltene Gelegenheit, in kurzer Zeit zwei Kontinente zu erleben und kurzfristig in eine völlig andere Kultur einzutauchen. Allerdings ist diese Reise auch mit einigen Herausforderungen verbunden, die sorgfältig gegen die Vorteile abgewogen werden sollten, damit man das Erlebnis in vollen Zügen genießen kann.

Der Hafen von Tager; Foto: if/reisebuch.de

Petit Socco, Tanger; Foto: if/reisebuch.de

Restaurant Al Maimouni (mit Dachterrasse) am Rande der Medina; Foto: if/reisebuch.de

Pluspunkte

1. Einzigartige Seereise mit Blick auf zwei Kontinente

Die Überfahrt von Tarifa nach Tanger über die Straße von Gibraltar ist zweifellos eines der herausragenden Merkmale dieser Reise. Schon allein der Gedanke, Europa und Afrika gleichzeitig im Blick zu haben, ist faszinierend. An einem klaren Tag bietet sich ein beeindruckender Panoramablick, der für Natur- und Fotografiebegeisterte einen Höhepunkt darstellt. Die kurze Dauer der Überfahrt – gute 60 Minuten, je nach Wetterbedingungen – macht es zu einer unkomplizierten Möglichkeit, auf vergleichsweise komfortable Weise einen anderen Kontinent zu besuchen.

2. Einblick in die reiche Kultur Tangers/Marokkos

In Tanger angekommen, erwartet die Reisenden unmittelbar ein tiefes Eintauchen in die marokkanische Kultur. Das Betreten der Medina, die Altstadt, welche mit ihren engen, labyrinthartigen Gassen fast direkt an den Fährhafen grenzt, vermittelt das Gefühl, in eine längst vergangene Zeit einzutreten. Dazu tragen auch die oft traditionelle Kleidung und das orientalische Outfit vieler Bewohner bei. Die z.T. kunstvoll gestalteten Häuser und Moscheen, die traditionellen Märkte (Souks) und die restaurierte Kasbah-Festung erzählen von der reichen und wechselhaften Geschichte dieser Stadt.

Besonders von der Kasbah hat man einen weiten Blick über die Stadt und das Meer bis zurück nach Spanien, was den anstrengenden Aufstieg durch die steilen Gassen auf den Hügel belohnt.

Wer einmal eine typisch nordafrikanische Großstadt kennen lernen will, sollte auch einen Blick in die Ville Nouvelle, die Neustadt, werfen, die geprägt ist von einem Mix aus kolonialem und modernem Architekturstil und ansonsten Parallelen aufweist zu Metropolen wie Casablanca, Algier oder Tunis.

3. Kulinarische Genüsse

Ein weiterer großer Pluspunkt dieses Kurztrips ist die marokkanische Küche. Reisende haben die günstige Gelegenheit, typisch marokkanische Gerichte wie Tajine, Couscous und Pastilla zu probieren, die alle reich an Aromen und Gewürzen sind, deren Düfte überall in der Medina präsent sind. (Dazu gehören Kreuzkümmel, Safran, Zimt, Kurkuma und die Mischung Ras el-Hanout.) Das marokkanische Gebäck, oft mit Honig, Mandeln und Rosenwasser zubereitet, ist ein Muss für Liebhaber süßer Speisen. Der traditionelle Minztee, der thé à la menthe, welcher in vielen Cafés und Restaurants serviert wird, bietet eine erfrischende Pause während des Tagesausflugs (auf Bier oder Wein wird man allerdings verzichten müssen).

All diese kulinarischen Erlebnisse sind ein zentraler Teil der marokkanischen Lebensart und geben Einblicke in die Esskultur des Landes. 

Tipps:

Restaurant Al Maimouni am östlichen Rand der Medina mit Dachterrasse, https://app.dinesurf.com/restaurants/restaurant-al-maimouni

Restaurant Ahlen, Rue des postes 8 Petit Socco, https://www.facebook.com/RESTAURANTAHLEN

4. Niedriges Preisniveau

Ein bedeutender Vorteil ist das vergleichsweise niedrige Preisniveau in Marokko. In Tanger sind Essen, Souvenirs und andere Dienstleistungen weitaus günstiger als in europäischen Städten, was den Trip auch für preisbewusste Reisende attraktiv macht. Wer also ein Schnäppchen machen oder einfach günstig gut essen möchte, kommt in Tanger auf seine Kosten. Besonders auf den Märkten und in den Souvenirläden kann man gut handeln und hochwertige Waren, wie handgemachte Keramik oder Textilien, für wenig Geld erstehen.

5. Gastfreundliche Bevölkerung

Ein weiterer positiver Aspekt ist die grundsätzliche Freundlichkeit der marokkanischen Bevölkerung. Die meisten Einheimischen sind offen, hilfsbereit und gastfreundlich. Viele sprechen ausreichend Englisch oder Französisch, um Touristen weiterzuhelfen oder einfach ein kurzes Gespräch zu führen. Diese herzliche Atmosphäre - auch gerade gegenüber Besuchern aus Deutschland - trägt dazu bei, dass sich Reisende in Tanger willkommen fühlen, auch wenn sie nur für wenige Stunden dort sind.

Minuspunkte

1. Problematische Parkplatzsituation in Tarifa

Schon der Start des Tagestrips kann problematisch sein, da die Parkplatzsituation in Tarifa, insbesondere während der Hochsaison, schwierig ist. Die kleine Stadt verfügt nur über begrenzte Parkmöglichkeiten, und viele Reisende müssen ihr Auto weit außerhalb abstellen. Das bedeutet zusätzliche Fußwege und potenziellen Stress, besonders wenn man in Eile ist, die Fähre zu erreichen.

2. Mehrfache Pass- und Gepäckkontrollen

Die Überfahrt von Spanien nach Marokko ist mit umfangreichen Pass- und Gepäckkontrollen verbunden. Sowohl bei der Ausreise aus Tarifa als auch bei der Einreise in Tanger müssen Reisende mehrere Stationen durchlaufen, was zeitaufwendig und stressig sein kann. Die Sicherheitsmaßnahmen sind streng, und es kommt häufig zu langen Wartezeiten. Auf der Hinreise ist ein detaillierter Meldezettel auszufüllen, Formulare dafür gibt es am Fährschalter oder in Ständern an Bord. Eine Aufklärung über die verschiedenen Abläufe findet im Vorwege leider nicht statt.

3. Unangenehme Bedingungen an Bord der Fähren

Es empfiehlt sich, ca. 45 - 60 Minuten vor Abfahrt im Fährterminal zu erscheinen, um Stress zu vermeiden. In der Regel kommen die Passagiere allerdings nicht früher als 30 Minuten vor dem Ablegen an Bord. Ein weiterer Nachteil ist die Situation auf den Fähren. Besonders in der Hochsaison oder bei starkem Andrang sind diese oft überfüllt, und die Wege auf dem Schiff führen über steile, enge Treppen. Es ist nicht immer einfach, einen Sitzplatz zu finden, und die Enge sowie das Gedränge können für viele Reisende, besonders ältere, Unannehmlichkeiten bedeuten. Zudem ist die Sauberkeit an Bord, besonders im sanitären Bereich, oft ein Anlass für Kritik.

4. Anstrengender Aufstieg zur Kasbah

Ein weiterer Punkt, den man berücksichtigen sollte, ist der Aufstieg vom Hafen zur Kasbah. Dieser steile Weg erfordert körperliche Anstrengung, besonders bei hohen Temperaturen, die in Tanger oft herrschen. Für Menschen, die nicht gut zu Fuß sind oder gesundheitliche Einschränkungen haben, kann dieser Teil des Ausflugs eine starke Belastung darstellen.

5. Lärm und Schmutz in der Medina

Die Medina von Tanger, obwohl charmant und voller Geschichte, kann auch als hektisch und laut empfunden werden. Der Verkehrslärm und die engen Gassen, die oft von Müll gesäumt sind, beeinträchtigen das Erlebnis für manche Reisende. Wer eine ruhigere Atmosphäre sucht, könnte enttäuscht sein, denn die Medina ist lebhaft und geschäftig.

6. Belästigung durch Guides, Straßenhändler und bettelnde Kinder

Ein häufig genannter Kritikpunkt sind die Belästigungen durch selbsternannte Guides, Straßenhändler und bettelnde Kinder. Schon beim Verlassen des Hafens werden Touristen oft von Menschen bedrängt, die versuchen, ihnen ihre Dienste oder Waren aufzudrängen. Diese ständige Anrede und das Gefühl, immer „Nein“ sagen zu müssen, kann den Ausflug anstrengend machen und die Freude am Entdecken schmälern.

7. Unergiebige Neustadt

Die Neustadt von Tanger bietet dem Tagesbesucher bis auf den Gran Socco, den zentralen Platz der Stadt, bei oberflächlicher Betrachtung keine besonderen Reize. Sie erscheint in ihrem Architekturmix aus Kolonialstil und Moderne austauschbar mit anderen Städten in Nordafrika.

Fazit

Trotz der Herausforderungen, die mit einem Tagesausflug von Tarifa nach Tanger verbunden sind, überwiegen die positiven Aspekte. Die außergewöhnliche Gelegenheit, in kurzer Zeit zwei Kontinente zu erleben, ist ein unvergleichliches Erlebnis. Die beeindruckende Seereise, die kulturelle Vielfalt und die kulinarischen Genüsse in Tanger machen diesen Trip zu einer wertvollen Erfahrung. Wer sich auf die potenziellen Unannehmlichkeiten, wie die Parkplatzsituation, die Passkontrollen, der fehlende Komfort an Bord und die gelegentliche Belästigung durch Händler und „Guides“ mental vorbereitet und sie mit Geduld und Gelassenheit betrachtet, wird mit vielen einzigartigen Eindrücken und Erlebnissen belohnt. Für abenteuerlustige Reisende, die fit und offen für neue Erfahrungen sind, kann dieser Tagesausflug eine lohnenswerte und sogar unvergessliche Reise sein.

Tipps und Hinweise

Für Reisende nach Tanger folgen einige wichtige praktische Hinweise, die das Erlebnis angenehmer gestalten, Ärger und Missverständnisse vermeiden helfen.

Fährfahrten und Preise

Im Schnitt gibt es sieben Fährfahrten täglich in jede Richtung zwischen Tarifa und Tanger, wobei das erste Schiff Tarifa um 9.00 Uhr morgens verlässt und die letzte Fähre um 21 Uhr in Tanger ablegt. Der Preis für Hin- und Rückfahrt beträgt pro Person ca. 70€. Für Fahrzeuge werden mindestens 200€ mehr fällig. In Tanger gilt übrigens die WESZ, d.h., dass die Uhren um 1 Stunde zurückgestellt werden! Buchungen online z.B. über https://booking.frs.es

Währung und Bezahlen

• Währung: In Marokko wird mit dem marokkanischen Dirham (MAD) bezahlt. Es ist ratsam, Dirhams schon bei Ankunft am Hafen oder in einer Wechselstube in der Stadt umzutauschen. Internationale Kreditkarten werden in größeren Hotels, Restaurants und einigen Geschäften akzeptiert, aber in kleinen Läden, auf Märkten und in Taxis wird meist nur Bargeld angenommen. Viele akzeptieren Euros zum unten angegebenen Kurs, können aber oft kein Wechselgeld in Euros zurückgeben.

• Wechselstuben: Wechselstuben gibt es in Tanger an vielen Orten, auch in der Medina. Achten Sie darauf, nur in offiziellen Wechselstuben zu wechseln, um faire Kurse zu bekommen. Es ist ratsam, den Wechselkurs im Voraus zu kennen, um unangenehme Überraschungen zu vermeiden. Der aktuell gängige (Straßen-)Kurs beträgt 10 Dirham für einen Euro (Herbst 2024).

• Geldautomaten: Geldautomaten sind weit verbreitet und akzeptieren internationale Karten, aber stellen Sie sicher, dass Ihre Bankkarten für Auslandsabhebungen freigeschaltet sind. Es kann sehr wahrscheinlich eine Gebühr anfallen.

Handeln in Geschäften

• Märkte und Souks: Auf Märkten und in Souks (traditionelle Märkte) ist Handeln üblich und wird auch erwartet. Beginnen Sie mit einem deutlich niedrigeren Angebot und handeln Sie sich langsam nach oben. Freundlichkeit und Geduld sind beim Handeln wichtig. Es ist kein Zeichen von Unhöflichkeit, sondern Teil der Kultur.

• Festpreise: In modernen Geschäften oder Einkaufszentren sind die Preise oft fest, und Handeln ist hier nicht angebracht. Wenn Sie unsicher sind, ob Handeln möglich ist, fragen Sie höflich nach.

Trinkgeld in Restaurants

• Höhe des Trinkgelds: Trinkgeld wird in Marokko gerne gesehen und ist in vielen Fällen auch erwartet. In Restaurants sollten Sie etwa 10 % des Rechnungsbetrags als Trinkgeld geben, wenn kein Servicegebühr enthalten ist. In einfachen Cafés oder für kleine Dienstleistungen reicht es oft, das Wechselgeld zu überlassen.

• Trinkgeld für andere Dienstleistungen: Auch für Kofferträger, Zimmerpersonal oder Guides ist ein kleines Trinkgeld angemessen. Ein paar Dirhams sind oft schon ausreichend, um sich für den Service zu bedanken.

Museen und Galerien

• Öffnungszeiten: Viele Museen und Galerien in Tanger haben montags geschlossen, daher sollten Sie Ihre Besuche entsprechend planen. Es ist ratsam, die Öffnungszeiten vorab online zu überprüfen.

• Eintrittspreise: Die Eintrittspreise sind oft recht günstig, aber in einigen Galerien kann der Preis für internationale Besucher höher sein als für Einheimische. Es lohnt sich, Bargeld bereit zu haben, da nicht überall Kreditkarten akzeptiert werden.

• Kulturangebote: Tanger ist bekannt für seine Kunstszene, daher lohnt es sich, nach kleinen Galerien und kulturellen Veranstaltungen Ausschau zu halten, die oft in der Stadt auch plakatiert sind.

Taxifahrten

• Petit Taxis: Für Fahrten innerhalb der Stadt nutzen Sie die „Petit Taxis“ (kleine Taxis). Diese Taxis haben in der Regel eine festgelegte Maximalstrecke und fahren nach Taxameter. Achten Sie darauf, dass der Taxameter zu Beginn der Fahrt eingeschaltet wird. Wenn der Fahrer den Taxameter nicht benutzt, sollten Sie den Preis vor Fahrtantritt aushandeln.

• Grand Taxis: Für Fahrten außerhalb der Stadt (z. B. zur Erkundung der Umgebung wie der Herkulesgrotte) werden oft „Grand Taxis“ genutzt. Diese fahren in der Regel längere Strecken und nehmen mehrere Passagiere auf. Hier wird meist vorab ein Preis ausgehandelt.

• Fahrtkosten: Die Kosten für eine Fahrt mit dem „Petit Taxi“ sind gering, aber es lohnt sich, immer etwas Kleingeld dabei zu haben, da Fahrer oft keine großen Scheine wechseln können.

Stadtrundfahrten

• Organisierte Touren: Stadtrundfahrten können eine gute Möglichkeit sein, einen Überblick über die wichtigsten Sehenswürdigkeiten von Tanger zu bekommen. Viele Hotels oder Reiseagenturen bieten diese an. Es lohnt sich, vorab Bewertungen zu lesen oder Empfehlungen einzuholen, um seriöse Anbieter zu wählen.

• Private Guides: Wenn Sie einen privaten Guide engagieren, sollten Sie vorab den Preis fest aushandeln und sich vergewissern, dass der Stadtführer lizenziert ist. Viele selbsternannte Guides bieten ihre Dienste bereits am Fährterminal oft recht aufdringlich an, es ist aber ratsam - wenn überhaupt - einen offiziellen Guide über das Hotel oder ein Reisebüro zu buchen. Viele Guides führen ihre Gäste auf der Stadtbesichtigungsrunde in Geschäfte und Lokale, wo sie Provisionen erhalten.

Linienbusfahrten

• Öffentliche Busse: Tanger verfügt über ein einfaches öffentliches Bussystem, das relativ günstig ist. Für Reisende, die sich mit den Buslinien und -haltestellen nicht auskennen, kann es jedoch verwirrend sein. Wenn Sie den Bus nutzen möchten, sollten Sie sich vorher online informieren, welche Linien Sie benötigen.

• Fahrpreise: Die Fahrpreise für Linienbusse sind niedrig und werden meist direkt beim Fahrer in bar bezahlt. Es ist nützlich, Kleingeld in marokkanischen Dirham bereit zu halten, da Fahrer oft nicht wechseln können.

Ausflüge in die nahe Umgebung

• Cap Spartel und die Herkules-Grotten: Beliebte Ausflugsziele in der Umgebung von Tanger sind das Cap Spartel, wo der Atlantik und das Mittelmeer aufeinandertreffen, sowie die „Herkules-Grotten“, die in der Nähe liegen. Diese Ziele sind sowohl mit Taxis als auch im Rahmen von organisierten Touren gut erreichbar.

• Asilah: Die Küstenstadt Asilah, etwa eine Stunde von Tanger entfernt, ist für ihre ruhigen Strände und die gut erhaltene Medina bekannt. Sie ist ein beliebtes Ziel für einen Tagesausflug und kann mit dem Zug, Bus oder Taxi erreicht werden.

Weitere Hinweise

• Sicherheit: Tanger ist im Allgemeinen sicher, aber es ist ratsam, besonders in der Medina auf seine persönlichen Gegenstände zu achten, um Taschendieben keine Chance zu geben.

• Kleidung: Da Marokko ein muslimisches Land ist, sollten Reisende auf „angemessene Kleidung“ achten, insbesondere wenn sie religiöse Stätten wie Moscheen besuchen.

• Literatur Viele Künstler und Literaten haben sich von Tangers Lage, Geschichte und Kultur faszinieren lassen, dort zeitweise gelebt, gemalt oder geschrieben. Eine umfassende Auswahl von Texten und Dokumenten liefert der Band: Tanger Telegramm: Reise durch die Literaturen einer legendären marokkanischen Stadt*, herausgegeben von Florian Vetsch und Boris Kerenski, 352 Seiten für 48€