Tschernobyl: Den Schauplatz der atomaren Tragödie sicher erkunden

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Im Frühjahr 1986 wurde das ukrainische Tschernobyl durch den Reaktorunfall im Kernkraftwerk weltweit bekannt. Seit einigen Jahren können Interessierte den Ort des bislang schwersten nuklearen Unfalls der Geschichte im Rahmen geführter Touren und auch das zerstörte Kernkraftwerk besuchen und online eine Tschernobyl Reise buchen.

Tschernobyl ist zum Symbol für die Gefahren der Atomkraft geworden; Image by Robert Armstrong from Pixabay CC0

Am 26. April 1986 kam es in der Ukraine zum atomaren SUPER-Gau – so bezeichnet man die Situation, wenn eine Reaktorkatastrophe sich nicht mehr beherrschen lässt. Was ist damals in Tschernobyl passiert? Im Zuge eines Experiments geriet Block 4 des ukrainischen Kernkraftwerks außer Kontrolle: Durch die Hitze haben sich Metall und Reaktorstäbe verbogen – mit dem Ergebnis, dass sich der Kern nicht mehr kühlen ließ.

Laut offizieller Version ereignete sich dieser folgenschwere Unfall aufgrund einer Reihe von menschlichen Irrtümern. Die Techniker des Atomkraftwerks hatten am Tag der Katastrophe einen Turbinentest geplant, während die Reaktoren noch liefen – dazu legten sie das automatische Steuerungssystem sowie die Notfallkühlung still. Ein externer Stromausfall sollte simuliert werden, allerdings kam es zur Kernschmelze. Die folgende Explosion setzte innerhalb des Kernreaktors 1.500 t Grafit in Brand, dabei starben 30 Menschen. Dass das Atomkraftwerk über keine Schutzhülle um das Reaktorgebäude verfügte, war ein weiteres Problem. Ansonsten hätte es sich womöglich verhindern oder zumindest begrenzen lassen, dass radioaktives Material austritt. Stattdessen gelangte aufgrund eines regelrechten Feuersturms das radioaktive Material kilometerhoch in die Atmosphäre. Dort erfassten es starke Winde und die entstandene radioaktive Wolke sorgten dafür, dass das verseuchte Material über große Teile Europas und sogar bis nach Nordamerika verteilt wurde.

 So führte der Unfall zu einer schweren radioaktiven Verseuchung in der Ukraine, Weißrussland und Russland – auf einem Gebiet insgesamt halb so groß wie Deutschland. Infolgedessen mussten Hunderttausende Menschen evakuiert werden. Schätzungsweise waren 600.000 Menschen von einer starken Strahlenbelastung betroffen. Unter den Bergungsteams gab es etwa 7.000 Todesopfer, 125.000 der Helfenden erkrankten laut Angaben der WHO im Anschluss schwer. 375.000 Menschen musste man umsiedeln, allein in der Ukraine wurden 3,5 Millionen Menschen als Unglücksopfer registriert. Die Auswirkungen des Reaktorunfalls waren verheerend – nicht nur für die Gesundheit der Betroffenen, sondern auch für die Umwelt. Rund um den Unglücksort befindet sich bis heute ein Sperrgebiet, das etwa 2.600 m² umfasst, was sich etwa mit der Fläche des Saarlands (2.570 m²) vergleichen lässt.

 Mittlerweile liegt die atomare Katastrophe bald 40 Jahre zurück und in den vergangenen Jahren haben sich einige Reiseunternehmen darauf spezialisiert, Touren in die Tschernobyl-Sperrzone anzubieten. 2018 besuchten mehr als 70.000 Menschen die Sperrzone, mehr als die Hälfte waren ausländische Touristen. Zwar ist die Strahlung in der Sperrzone nach wie vor hoch, doch vorgeschriebene Zeitlimits und das Befolgen von Anweisungen sorgen für ein sicheres Erkunden. Dies ermöglicht es Interessierten, nicht nur die Stadt Prypjat, sondern auch das Kraftwerk selbst zu besichtigen. Seit 2019 ist es Besuchern nämlich auch erlaubt, das Epizentrum des Unfalls im Rahmen einer geführten Tour selbst zu inspizieren: Nach Anlegen eines Schutzanzugs, einer Atemmaske und eines Helms ist aber lediglich ein kurzer Aufenthalt im Reaktor 4 erlaubt, um die Strahlenbelastung so gering wie möglich zu halten und die Sicherheit und Gesundheit der Besucher nicht zu gefährden.

 Sobald die Ukraine den derzeit herrschenden Krieg erfolgreich beendet hat und auch Urlauber aus dem Ausland wieder gefahrlos einreisen können, ist ebenso in dieser Hinsicht wieder die Sicherheit beim Kennenlernen von Tschernobyl gewährleistet. Die Touren starten dann übrigens in der 100 km vom Eingang der Sperrzone gelegenen ukrainischen Hauptstadt Kiew.