Typisch schottisch: Klischees, Vorurteile und die Wirklichkeit in Schottland

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Schottland, das Land der Highlands, Kilts und Dudelsäcke, ist seit jeher mit zahlreichen Klischees und Bildern behaftet. Doch wie viel Wahrheit steckt in diesen Vorstellungen, und was bedeutet eigentlich „typisch schottisch“? Ein genauerer Blick auf verschiedene Aspekte der schottischen Kultur, von Landschaft über Musik bis hin zu Literatur und Sprache, hilft, diese Frage zu beantworten – wenn auch nicht so ganz eindeutig.

Schottland - eine Landschaft wie das Klischee; Bild von Céline auf Pixabay CC0

Eines der bekanntesten Klischees ist die Vorstellung von Schottland als einem Land der dramatischen Landschaften – mit seinen weiten, grünen Hügeln, den zerklüfteten Küsten und den legendären Seen, den sogenannten „Lochs“. In der Tat entspricht dieses Bild weitgehend der Realität. Die schottischen Highlands und Inseln sind berühmt für ihre unberührte Schönheit und bieten atemberaubende Panoramen, die Jahr für Jahr Besucher aus aller Welt anziehen. Loch Ness, der See mit seinen mythischen Geschichten rund um das Monster „Nessie“, und der landschaftlich beeindruckende Loch Lomond sind Paradebeispiele für diese natürliche Pracht.

Ein weiteres typisches Element, das fast immer mit Schottland assoziiert wird, ist der Kilt, ein traditionelles Kleidungsstück, das für viele das Symbol der schottischen Identität ist. Tatsächlich werden Kilts noch heute häufig bei offiziellen Anlässen, Festen und den berühmten Highland Games getragen. Diese Spiele sind eine Mischung aus Sport und Kultur und umfassen Wettbewerbe wie das Baumstammwerfen (Caber Toss) und das Dudelsackspiel. Hier zeigt sich, dass dieses Klischee der Tradition und dem Stolz der Schotten entspricht. Aber im Alltag eher selten.

Die Musik ist ein weiterer Bereich, der oft in Klischees über Schottland auftaucht. Der Dudelsack, mit seinen markanten und oft melancholischen Klängen, ist nicht nur ein Symbol des Landes, sondern auch tief in der Kultur verankert. Dudelsackmusik begleitet Feierlichkeiten, Paraden und sogar Gedenkveranstaltungen und vermittelt eine Atmosphäre, die viele als „typisch schottisch“ empfinden. Doch Schottland hat musikalisch weit mehr zu bieten. Das Land ist auch die Heimat bedeutender Rock- und Indie-Bands wie Simple Minds, Franz Ferdinand und Biffy Clyro, die internationalen Erfolg haben und zeigen, dass die schottische Musikszene innovativ und vielseitig ist.

Im Bereich der Sprache und Literatur bietet Schottland ebenfalls eine faszinierende Mischung aus Tradition und Moderne. Neben dem klassischen Englisch sind die Sprachen Scots und Schottisch-Gälisch nach wie vor lebendig. Gälisch wird vor allem in den Highlands und auf den westlichen Inseln gesprochen und ist ein Symbol für die keltische Geschichte des Landes. Die literarische Welt Schottlands ist reich an berühmten Autoren wie Robert Burns, dessen Werke in Scots verfasst sind und dessen Gedichte wie das populäre Lied „Auld Lang Syne“ („längst vergangene Zeit“) ein bedeutender Teil der schottischen und sogar britischen Kultur sind. Ebenso haben Autoren wie Sir Walter Scott und Robert Louis Stevenson weltweite Anerkennung gefunden und dazu beigetragen, das Bild Schottlands als ein Land eigenständiger literarischen Tradition zu prägen.

Auch die schottische Küche steht oft im Zentrum von Klischees, besonders das berühmte „Haggis“, eine Speise aus Schafsinnereien, Hafer und Gewürzen. Dieses Gericht, obwohl für Außenstehende oft abschreckend, ist tatsächlich eine beliebte und traditionelle Speise, die insbesondere am „Burns Night“-Fest serviert wird. Daneben sind „Shortbread“ und der weltberühmte schottische Whisky ebenfalls kulinarische Symbole des Landes, die die Vorstellung eines einzigartigen und traditionsbewussten Schottlands untermauern.

Ein weiteres Klischee ist die schottische Gastfreundschaft, und auch dieses entspricht weitgehend der Realität. Die Menschen in Schottland sind bekannt für ihre Offenheit und Hilfsbereitschaft gegenüber Besuchern. Ob bei einem Gespräch in einem traditionellen Pub oder einer Begegnung auf einer Wanderung durch die Highlands – die Schotten empfangen Gäste meist mit einem warmen Lächeln und freundlichen Worten in ihrem eigentümlichen, oft nicht leicht zu verstehenden Akzent des Englischen.

Zusammengefasst lässt sich sagen, dass viele der Klischees über Schottland tatsächlich auf der Realität basieren. Das Land ist geprägt von einer tiefen Verbundenheit zur eigenen Geschichte, die sich in Kleidung, Musik, Sprache und Literatur widerspiegelt. Gleichzeitig ist Schottland aber auch modern und vielfältig, mit einer Musik- und Kulturszene, die weit über die traditionellen Vorstellungen hinausgeht. Die Klischees entsprechen also in mancher Hinsicht der Wirklichkeit, doch Schottland ist weitaus mehr als das: Es ist ein Land, das stolz seine Wurzeln bewahrt und zugleich innovativ und offen für Neues ist – vielleicht sogar für nationale Unabhängigkeit.

Schottische Klischees und der Alltag

Hier abschließend noch eine Gegenüberstellung der gängigsten Klischees und Vorurteile mit der oft abweichenden Alltagswirklichkeit:

Der Kilt - mehr als nur ein Rock

• Klischee: Schotten tragen im Alltag Kilt.

• Wirklichkeit: Zugegeben, der Kilt ist ein starkes Symbol schottischer Identität und wird zu besonderen Anlässen wie Hochzeiten oder den Highland Games getragen. Im Alltag sieht man ihn jedoch eher selten. Die Ausnahme bilden vielleicht Dudelsackspieler oder Mitarbeiter in der Tourismusbranche.

Dudelsackklänge überall?

• Klischee: An jeder Ecke erklingt Dudelsackmusik.

• Wirklichkeit: So romantisch die Vorstellung auch sein mag, Dudelsackspieler sind im Alltag nicht allgegenwärtig. Man findet sie zwar an touristischen Hotspots wie dem Edinburgh Castle oder auf Festivals, aber im Supermarkt oder in der U-Bahn wird man ihnen eher nicht begegnen.

Whisky in Strömen?

• Klischee: Schotten trinken Unmengen an Whisky.

• Wirklichkeit: Whisky ist in der Tat ein wichtiger Teil der schottischen Kultur und wird gerne genossen. Allerdings ist der Alkoholkonsum in Schottland nicht höher als in anderen europäischen Ländern. Und neben Whisky gibt es auch noch andere beliebte Getränke, wie z.B. Bier oder Irn-Bru.

Geiz ist geil?

• Klischee: Schotten sind geizig.

• Wirklichkeit: Dieses Klischee hält sich hartnäckig, ist aber weit entfernt von der Realität. Die Schotten sind bekannt für ihre Gastfreundschaft und Großzügigkeit. Der Ursprung des Geiz-Klischees liegt vermutlich in der Armut, die in Schottland lange Zeit herrschte und zu sparsamem Verhalten zwang.

Die Geschichte Schottlands - geprägt von Kämpfen

• Klischee: Schotten sind wild und kriegerisch und streben nach Unabhängigkeit

• Wirklichkeit: Die Geschichte Schottlands ist tatsächlich von Kämpfen um Selbständigkeit geprägt, wie beispielsweise den Unabhängigkeitskriegen gegen England im 13. und 14. Jahrhundert. Doch diese Zeiten sind lange vorbei. Heute sind die Schotten in der Regel friedliebend und weltoffen. Große Teile der Bevölkerung sprechen sich allerdings für die Unabhängigkeit von England aus, mit dem sie seit 1707 durch den „Act of Union“ vereint sind.