Aber Walt Disneys Konzept, hier eine menschen- und umweltfreundliche Stadt zu errichten und zukunftsweisende Lebens- und Arbeitsmodelle unterhaltsam und verständlich zu präsentieren, wurde nicht umgesetzt. Die Disney Corporation sorgte stattdessen für einen zusätzlichen Vergnügungspark, der – eher unkritisch – Fortschrittsglauben propagiert, großen Konzernen ein Forum zur Selbstdarstellung bietet und (amerikanische) Klischeevorstellungen vom Leben anderer Völker manifestiert.
Im Gegensatz zum rein spielerischen Magic Kingdom hat das Epcot Center immerhin einen bildenden Anspruch. Die Besucher können, wenn sie Epcot aufmerksam – und mit den entsprechenden Englischkenntnissen – besichtigen, tatsächlich vom Besuch dieses Parks profitieren. Dafür fehlt der »magische« Charme.
Unter der Bezeichnung Future World geht es im vorderen Teil des Parks um Technologie und Fortschritt. Dahinter erstreckt sich rund um einen See der World Showcase, wo verschiedene Länder und Kulturen vorgestellt werden. Diese Mischung aus werbewirksam gesponserten technologischen Pavillons sowie länderspezifischen Bereichen mit Volkstanz und kulinarischen Spezialitäten andererseits wird manchem bekannt vorkommen, der zum Beispiel die Expo 2000 in Hannover und Ähnliches besucht hat.
Future World
Die von Sponsoring beherrschte Futureworld erinnert zunächst eher an die Gegenwart. Exxon, Nestle, General Motors und neuerdings auch Siemens präsentieren belehrend unterhaltende Ausstellungen und Zeitrafferfahrten durch die Entwicklungsgeschichte der Energie, des Transports, der Kommunikation und Raumfahrt, der agrarischen Nutzung der Erde etc. Die teilweise mit der Bezeichnung des Gebäudes, in dem sie stattfinden, übereinstimmenden Rides sind meist gut gemacht, ganz interessant und manchmal sogar spannend.
Zu den Angeboten im einzelnen:
- Spaceship Earth
Ein heller runder Komplex in Form eines überdimensionalen Golfballs dominiert den Eingangsbereich. Im Inneren gibt`s die 15-minütige Show Spaceship Earth, Raumschiff Erde, in der die Erd- und Menschheitsgeschichte interaktiv und mit vielen gelungenen Spezialeffekten präsentiert wird.
- Universe of Energy
Das Programm der von Exxon gesponsorten Show zur Energiegewinnung gestern, heute und morgen im Universe of Energy findet in einem Pavillon statt, dessen Energiebedarf komplett von Solarzellen gedeckt wird. - Mission: Space
Ein futuristischer Pavillon ist der Raumfahrt gewidmet. Höhepunkt ist der Ride, ein simulierter Raketenstart mit G-Force und Flug in die Schwerelosigkeit, während der die jeweils 4 Astronauten allerhand Aufgaben lösen müssen. Gut gemacht! - eWorld
Auch im Bereich Innoventions (eine Wortschöpfung aus innovations/ Neuerungen – und inventions/Erfindungen) läuft – direkt und indirekt – reichlich Werbung. Dort präsentieren vor allem große IT-Firmen ihre Produkte und vermitteln einen Ausblick auf das, was »morgen« möglich sein könnte. Vor noch nicht einmal einer Dekade staunte das Publikum noch über Fotos, die – gerade aufgenommen – per Email-Anhang sogleich weltweit zur Verfügung standen. - Imagination
Die Journey into Imagination bietet eine bunte Fahrt durch Formen und Farben; es geht um Magie und Phantasie. In der ganz amüsanten 3D-Show Honey, I Shrunk the Audience! wird das Publikum von einem exzentrischen Wissenschaftler »versehentlich« verkleinert und durchlebt allerlei witzige Abenteuer, bevor es wieder zu seiner normalen Größe zurückkehrt.
World Showcase Länderpavillons
Die elf Länderpavillons (Mexiko, Norwegen, China, Deutschland, Italien, die USA, Japan, Marokko, Frankreich, England und Kanada) des »Schaufensters der Welt« sind rund um einen künstlichen See herum angeordnet. In ihnen gibt es Replika bekannter Sehenswürdigkeiten, Shops für landestypische Produkte und Restaurants mit Spezialitäten. Das Personal stammt immer wirklich aus den jeweils dargestellten Ländern und ist in Landestracht gekleidet. Das Ganze wirkt zwar stereotyp – Franzosen tragen Baskenmützen, Deutsche Lederhosen etc., ist aber gut gemacht.
Germany
Der deutsche Pavillon sollte passender einfach »Bayern« heißen – trotz Becks Bier. Hinter mittelalterlichen Fassaden nach dem Vorbild Rothenburg befinden sich Souvenirläden mit so schönen Bezeichnungen wie »Volkskunst«, »Süßigkeiten« oder »Das Kaufhaus«. Zum Programm gehören Volkstanz und Alphornblasen.
Wen hier das Heimweh packt, darf im Biergarten bei Sauerkraut und Weißwurst vergessen, dass die Heimat 8000 km entfernt ist.
Empfehlungen
Sehenswert sind die Filme im chinesischen, kanadischen (beide Circle Vision) und französischen und nicht nur für Patrioten anhörenswert der a-capella-Chor Voices of Liberty im USA-Bereich. Beachtliche Architektur sieht man in Japan und Marokko.
Rides
Zwei – kurzweilige – Rides ergänzen das«kulturelle« und gastronomische Angebot imWorld Showcase: Zunächst ist da die Gran Fiesta Tour im Mexico-Pavillon, auf dem der Besucher u.a. per Boot eine Reise durch Mexico unternimmt. Und in Norwegen geht’s per Wikingerboot mit 16 Besatzungsmitgliedern im Maelstrom durch die Welt der Fjorde und Trolle.
Geschichte mit Glorie
Gesehen haben muss man das American Adventure, eine bombastische von Benjamin Franklin und Mark Twain »persönlich« kommentierte Multi-Media-Show, in der die Geschichte der USA im Schnelldurchgang glorifizierend dargestellt wird.
Feuerwerk
Nach Einbruch der Dunkelheit finden allabendlich um 21 Uhr über dem See, der World Showcase Lagoon, zu Klassikklängen IllumiNations: Reflections on Earth statt, eine Sound & Light Show mit Lasereffekten und einem tollen Feuerwerk.
Gastronomie
Im Epcot Center gelten die Restaurants mit landestypischen Gerichten als besondere Attraktion. Besucher aus den jeweiligen Weltregionen werden aber deren »Amerikanisierung« registrieren. In den verschiedenen Ländersektionen zu empfehlen sind:
- Cantina de San Angel in Mexico u.a. wegen gefüllter Tortillas.
- Restaurant Akershus in Norwegen, das wie ein mittelalterliches Fort aussieht. Gut ist dort das üppige Fischbuffet.
- Nine Dragons mit den vier besten regionalen Küchen Chinas
- Alfredo in Italien wegen hausgemachter frischer Pasta.
In Japan gibt es Sushi, in Frankreich Quiche Lorraine, in England Fish & Chips. Auch hier – wie bereits fürs Magic Kingdom festgestellt – gilt ein ziemlich hohes Preisniveau für alle Genüsse. Namentlich für Bier und Wein ist tief in die Tasche zu greifen.