Art Deco Architektur in Miami; pixabay CC0

1925 wurde in Paris die Ausstellung Exposition Internationale des Arts Decoratifs gezeigt, auf der Designer die neuesten Trends vorstellten: Möbel, Textilien, Keramik, Glas und Kunsthandwerk, alles in einem damals hochmodernen, farbenfrohen Stil, der verspielte Formen mit exotischen Motiven kombinierte. Diese bald erfolgreiche Mode wurde – nach dem abgekürzten Ausstellungstitel – unter der Bezeichnung Art Deco bekannt.

Weniger schnörkelig-üppig als der Jugendstil, leichter und lebensfroher in Farben und Formen, eroberte das Design von Paris aus halb Europa und inspirierte auch manchen amerikanischen Innenausstatter. Wer mit der Zeit ging, dekorierte damals sein Haus mit farbenfrohen Lampen und Stoffen, die mit aztekischen oder ägyptischen Mustern oder Abbildungen fremdartiger Tiere geschmückt waren. Was als Einrichtungstrend begann, wurde bald auch ein Baustil. In den Großstädten im Norden der USA – besonders in New York – errichtete man neuartige Gebäude, deren geschwungene, stromlinienförmige Architektur als Industrial Deco oder auch Big City Deco bekannt wurde. Die berühmtesten dieser Gewerbebauten sind das Chrysler und das Empire State Building in New York, die mit ihrer kühnen Höhe und mit edelstahlverzierten Fassadenelementen den Fortschrittsglauben ihrer Zeit verkörpern.

Als in den 1930er-Jahren in Südflorida ein Bauboom begann und reihenweise neue Hotels errichtet werden sollten, griffen einige Architekten die klaren und zugleich schwungvollen Konturen und Stromlinienformen dieser Mode auf. Sie entwarfen Gebäude, deren experimentierfreudige, geometrische Formen den Einfluss des nördlichen Art Deco erkennen ließen. Zugleich gaben sie dem Stil aber auch eine ganz eigene karibische Note. Sie trauten sich z.B., kräftigere Farben zu benutzen als ihre Kollegen im grauen Norden. In die Dekoration der Fassaden integrierten sie ortstypische Motive wie Palmen und Flamingos. Dieser Baustil, der noch eine Spur bunter und lebensfroher ist als seine europäischen und nordstaatlichen Verwandten, heißt Tropical Deco. Man kann ihn nirgendwo besser bewundern als im südlichen Teil von Miami Beach. Architekten wie Albert Anis, L. Murray Dixon, Roy F. France und Henry Hohauser zeichneten hier in den Jahren vor dem zweiten Weltkrieg verantwortlich für fast tausend Gebäude im Stil des tropischen Art Deco, von denen ein Großteil erhalten geblieben ist.

Wenn man im südlichen Miami Beach herumspaziert, fallen einem als erstes die markanten Fassaden dieser Häuser auf. Sie sind fast immer symmetrisch gestaltet und die Grundfarbe ist meistens weiß, das mit verschiedenen Farben kombiniert wurde. Sie können pastellig oder auch kräftiger in den Farben sein. So sieht man viel sonniges Gelb, Palmengrün, Flamingorosa und Ton in Ton gehaltene Türkis- und Blautöne, die die Farbe des Meeres widerspiegeln. Manche Details sind funktional, so etwa die kleinen Vorsprünge über den Fenstern, die man eyebrows (= Augenbrauen) nennt. In den Tagen vor der Erfindung der Klimaanlage sollten sie die Fenster vor direkter Sonneneinstrahlung schützen, um so die Temperaturen in den Hotelzimmern erträglich zu halten. Andere Teile der Fassaden sind reine Zier. Friese und Reliefs über den Eingängen etwa sollten einfach den Urlaubern gefallen. Manche dieser Dekorationen bestehen aus geometrischen Mustern, in anderen kann man Pflanzen und Tiere erkennen.

Viele Hotels versuchen auch, durch die Einrichtung der Zimmer und die Gestaltung der Lobbies die Atmosphäre der 1930er-Jahre-lebendig werden zu lassen. Besonders liebevoll renoviert worden sind in den letzten Jahren z.B. das Winterhaven (1400 Ocean Drive), das Tides (1220 Ocean Drive) oder das Essex House (1001 Collins Avenue). Wer sich alleine nicht hineintraut oder einfach nur mehr über den Art Deco in Miami Beach erfahren möchte, sollte sich auf keinen Fall die informativen Führungen entgehen lassen, die die Miami Design Preservation League veranstaltet. 2009 finden diese von engagierten Mitgliedern geführten Walking Tours jeweils Fr-Mi und So 10.30 Uhr, Do um 18.30 Uhr statt; ca. 90 min, $20, aktuelle Infos: Tel. (305) 672-2014, www.mdpl.org. Sie starten im Art Deco Welcome Center (1001 Ocean Drive), wo man auch Postkarten mit Art Deco-Motiven und Bildbände kaufen kann.