Indianer und Europäer

Indianer vor Columbus © by Hans-R. Grundmann - Reise-Know-How - Verlag
Siedlungsgebiete der Indianer vor Columbus; © by Hans-R. Grundmann - Reise-Know-How - Verlag

Besiedelung bis zur Gründung der USA

Es wurde bereits erwähnt, dass Nordamerika erst ein gutes Jahrhundert nach Columbus in das – europäisch inspirierte – Weltgeschehen eintrat. Wo schon früher die Spanier die Pueblo-Indianer drangsaliert hatten, erfolgte 1598 im späteren Santa Fe die Ausrufung der zweiten spanischen Provinz (Neu-Mexiko nach Florida). 1604 gründeten die Franzosen Port Royal im heutigen Neuschottland, 1607 folgte das englische Jamestown (Virginia), 1612 die erste holländische Siedlung auf der Insel Manhattan und 1620 die Landung der Pilgrim Fathers an den Gestaden von Massachusetts, siehe auch den geschichtlichen Überblick.
Im Gegensatz zum von vornherein auf Unterdrückung ausgerichteten Vorgehen der Spanier ergaben sich an der Atlantikküste zunächst freundschaftliche Beziehungen zwischen Ankömmlingen und Indianerstämmen. Tatsächlich überlebte die Mehrheit der weißen Siedler nur dank der Vorräte und tatkräftigen Hilfe von Indianern die ersten Jahre in der Neuen Welt. Das hinderte sie indessen nicht, das Land ihrer Retter später nach Gutdünken zu okkupieren. Die Indianer hatten dem – nach der Ankunft immer neuer Einwanderer – trotz heftiger Gegenwehr letztlich nichts entgegenzusetzen.
Neben anderen Gründen führte auch die relativ indianerfreundliche Politik der britischen Krone, die sich während der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts durchzusetzen begann, zu Protesten der selbstbewusster werdenden Kolonien Englands und letztlich zur Unabhängigkeitserklärung der 13 »Vereinigten Staaten von Amerika« (vorher 13 koloniale Territorien) im Jahr 1776. Nach 150 Jahren blutiger Auseinandersetzung zwischen Indianern und Siedlern im Osten dehnte sich in der Folge der Kampf gegen die störenden Ureinwohner auf den gesamten Halbkontinent aus.

Hundert Jahre Krieg und Vertreibung im neuen Staat

Östliche Gebiete

Der junge amerikanische Staat zog massenhaft Einwanderer an und erzeugte damit automatisch Druck auf die – unklaren – Grenzen im Westen und Süden, hinter denen sich die immensen französischen und spanischen Territorien befanden.
Die dort lebenden Indianerstämme waren mangels nennenswerter Einwanderung weitgehend »in Ruhe« gelassen worden, wurden aber ab Ende des 18. Jahrhunderts von in diese Gebiete eindringenden Amerikanern mit Knebel- und Übervorteilungsverträgen zurückgedrängt oder unterjocht. Ihr Widerstand in den östlichen und südöstlichen Waldregionen war mit wenigen Ausnahmen 1838 endgültig gebrochen, als das große Volk der Cherokesen nach den Statuten eines Indian Removal Act zwangsweise nach Oklahoma in ein eigens geschaffenes Territorium umgesiedelt wurde, in das vor ihnen – auf dem Trail of Tears – schon andere kleine Stämme gegangen waren und weitere folgen sollten.

Der Kampf im Westen

Das Land war 1803 als Teil der im Louisiana Purchase erworbenen 2 Mio. km2 an die USA gefallen und hatte damit schlagartig die Gesamtfläche der USA verdoppelt: Raum für die zukünftigen Immigrantenheere. Zwar wurde 1840 entlang des Mississippi eine »ewige« Grenze definiert, die weißes und Indianerland voneinander trennen sollte, aber sie hielt nur kurze Zeit.
Als 1848 Mexiko die von der spanischen Krone übernommenen Gebiete weitgehend an die USA abtreten musste, folgten Hunderttausende dem Ruf nach Westen, der just in jenem Jahr – nach Goldfunden in der Sierra Nevada Kaliforniens und anderswo – besonders laut erscholl. Die Obrigkeit duldete und unterstützte den Bruch des gerade abgeschlossenen Grenzvertrages. Gegen den Drang der unzähligen Weißen, die sich weder um die gewachsenen noch um immer wieder neu aufgelegten, vertraglich zugesicherten Rechte der Indianer scherten, war ohnehin kein Kraut gewachsen. Den erbitterten Widerstand der Indianer brachen die USA nach Beendigung des Bürgerkrieges (1865) durch Einsatz der Armee – wie in zahlreichen Western plastisch dokumentiert ist.

"Befriedung"

1868 kam es im Nordwesten mit den Sioux, Cheyenne und anderen verbundenen Stämmen zu einem Friedensvertrag, der den Indianern große Gebiete in Süd-Dakota zusicherte. Jedoch die Nachricht von Gold in den Black Hills, einer den Sioux heiligen Region mitten im just geschaffenen Reservat, vereitelte eine längere konfliktfreie Periode. Statt für die Einhaltung der Verträge zu sorgen, wandte sich die Armee gegen die Indianer und sah sich 1876 (ausgerechnet zum 100-jährigen Geburtstag der USA) in der bekannten Schlacht am Little Bighorn River, die General Custer und 600 seiner Leute zum Verhängnis wurde, vernichtend geschlagen. Indessen war dies der letzte große Sieg der Sioux. Sie gaben – nach dem Versprechen eines ehrenhaften Friedens – auf und wurden in neue Reservate verwiesen. Die Cheyenne erhielten ein noch heute existierendes Gebiet in Montana.
Den Stämmen des Südwestens erging es kaum besser. Träger des Widerstandes gegen die Mexikaner und nach 1848 die Amerikaner waren die Chiricahua Apachen. In einem jahrelangen Guerillakrieg zermürbten sie die Armee. Ihr Häuptling Cochise erreichte 1875 die Festschreibung eines Reservats im heimatlichen Gebiet. Wie so oft folgte aber der Vertragsbruch der Amerikaner auf dem Fuße. Der wiederaufgenommene Kampf der Apachen unter Geronimo ging bis 1886. Die Überlebenden wanderten in die Reservate Oklahomas. Alle Indianerstämme galten mit der Niederwerfung der Apachen als »befriedet«.
Ein letztes, eher wohl religiöses Aufbäumen einer indianischen Geistertanzbewegung führte 1890 in Süd-Dakota zum berüchtigten Massaker am Wounded Knee: Amerikanische Kavallerie eröffnete nach Ermordung des Häuptlings Sitting Bull wahllos das Feuer auf wehrlose Sioux und tötete Hunderte, davon die meisten Frauen und Kinder.