Gefahren und Überleben in der Wildnis der USA, Teil II

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Nicht berühren - Poison Ivy und Poison Oak

Poison ivy (Toxicodendron radicans, Gift-Sumach) und poison oak (Toxicodendron diversiloba, Gifteiche) sind sich sehr ähnlich. Ein altes Sprichwort lautet “Leaves of three, leave it be”. Beide haben dreiteilige, glänzende Blätter, das mittlere ist meist länger als die Seitenteile. Manchmal ist die Dreiteilung nicht klar ersichtlich, nur ein großes Blatt erkenntlich. Im Spätsommer wachsen braune oder weißliche, gefurchte Beeren (6 mm Durchmesser), welche nach der Reife abfallen. Im Herbst werden die Blätter leuchtend rot und fallen danach ab.

Poison oak, die an der Westküste (bis Arizona) gedeiht, wird weiter östlich durch poison ivy abglöst. Beiden kommen in schattigen bis lichten Wäldern vor, sowie an Flußufern, in kühlen Canyons und feuchten Schwemmgebieten. Böse Zungen bezeichnen poison oak gerne als den State Tree von Kalifornien, da er dort fast überall vorkommt. Diese Pflanze sondert einen öligen Saft ab, auf den viele Menschen allergisch reagieren. Das auch nur flüchtige Berühren der Pflanzen kann schmerzhafte Hautausschläge, Jucken und Ekzeme hervorrufen. Beim Verbrennen kann der Rauch Augen und Lungen stark irritieren. Betroffene Hautstellen sofort mit viel kaltem Wasser und Seife abspülen, dann Calamine Lotion (Zinkbasis) oder Cortison haltige Salben auftragen. Gruppenmitglieder nicht berühren, und Kleider und/oder Gegenstände, die mit der Pflanze in Berührung gekommen sind, gut waschen.

Bären generell

Es ist ein besonderes Gefühl, in einem Gebiet zu wandern, wo es noch Bären gibt. Plötzlich nimmt man seine Umgebung viel bewußter wahr, lauscht besser auf Geräusche und achtet auf kleinste Bewegungen.

Um es vorwegzunehmen; die Wahrscheinlichkeit, beim Wandern im Südwesten Probleme mit einem Bären zu haben, ist gering. Mehr Leute sterben durch Angriffe des “besten Freundes des Menschen”, den Hund, als durch Bären. Während der 10-Jahres-Periode von 1984 bis 1994 wurden in allen Nationalparks der USA lediglich drei Menschen von Bären getötet, wahrscheinlich durch Braunbären bzw. grizzlies. In derselben Zeitspanne starben in den Nationalparks 531 Besucher durch Ertrinken, und 474 bei Verkehrsunfällen (Zahlen vom Safety Office des National Park Service).

Im Südwesten gilt der größere und aggressivere grizzly (Braunbär, Ursus arctos horribilis) als ausgerottet. Nur im Norden (Yellowstone, Glacier, Cascades National Parks und in Kanada) konnte er sich noch halten. Deshalb konzentriert sich dieser Abschnitt auf den black bear (Schwarzbär, Ursus americanus), dessen Fellfarbe allerdings von schwarz bis blond reichen kann. (Die Verhaltensregeln für Grizzly-Begegnungen sind grundsätzlich andere!)

Schwarzbären

Schwarzbären ernähren sich größtenteils vegetarisch. Ihren Bedarf an tierischen Proteinen decken sie mit Insekten. Sie sind aber auch Opportunisten und verschmähen ein Tierkadaver nicht. Menschen gehören nicht auf ihren Speisezettel – aber die mit leckeren Sachen gestopften Rucksäcke schon. Bären hassen Überraschungen. Wenn Sie in einer Bärenregion unterwegs sind, macht es daher Sinn, bei unübersichtlichen Wegstrecken laute Geräusche zu machen, um die Bären vorzuwarnen (Bärenglocken, Singen, Pfeifen, Sprechen).

Nähern Sie sich nie einem Bären. Bei Jungbären ist die Mutter selten weit weg; ihr ausgeprägter Schutzinstinkt läßt sie auf jede mögliche Bedrohung angreifen. Schwarzbären sind ausgezeichnete Kletterer, exzellente Schwimmer und können mit einer Geschwindigkeit von bis zu 40 km/h rennen, deshalb ist flüchten zwecklos. Langsam den selben Weg rückwärts gehen heißt die Devise; manchmal hilft dabei ruhiges Zureden.

Gerät man in die mißliche Lage, einen Bären vom Weg oder aus dem Zeltplatz verscheuchen zu müssen, sollte man ihn mit kleinen Steinen, Tannenzapfen oder ähnlichem bewerfen und gleichzeitig laut schreien, Hände klatschen, Töpfe zusammenschlagen etc. Dabei steht man am besten eng zusammen, um eine einschüchternde Figur zu bilden. Im seltenen Angriffsfall muß man kämpfen. Da sich Schwarzbären auch von Kadavern ernähern, ist “totstellen”, wie es bei Grizzlys empfohlen wird, kontraproduktiv.

Bären haben gute Spürnasen, deshalb nie etwas Duftendes (inkl. Sonnencreme, Zahnpasta, Apotheke etc.) oder Eßbares im Zelt oder den Rucksack unbeaufsichtigt liegen lassen. Auf vielen Zeltplätzen gibt es dafür metallene Kisten oder Masten, an denen man Rucksäcke aufhängen kann. Für Mehrtageswanderungen kann man in einigen Ranger Stations und Visitor Centers bear-proof containers (tragbare, bärensichere Behälter) mieten oder kaufen - im Yosemite National Park ist das sogar Pflicht. Ohne einen solchen muß man alles in Bäume hochziehen. Da die Bären dazugelernt haben, ist in gewissen Gebieten nur noch die komplizierte counterbalance-Methode sicher:

Zuerst muß alles Material auf zwei Säcke gleichmäßig verteilt werden (z.B. Ruck- oder Abfallsäcke). Dann bindet man einen Stein an das eine Ende einer mind. 15 m langen Schnur und wirft diesen über einen hohen, tragfähigen Ast. Der Stein wird entfernt und mit einem der zwei Säcke ersetzt. Dieser Sack wird ganz zum Ast hoch gezogen.

Nun den zweiten Sack (oder ein Gegengewicht) möglichst hoch an das andere Ende der Schnur anbinden. Den Rest der Schnur so im Sack verstauen. daß nur das mit einer Schlinge versehene Schnurende noch heraushängt. Mit dem Wanderstock oder einem Stecken den zweiten Sack hinaufstoßen, bis er auf gleicher Höhe (idealerweise 4-5 m) mit dem ersten ist. Die Säcke sollten außerdem mindestens 3 m vom Baumstamm entfernt sein!

Klingt aufwendig, und ist es auch, zumindest beim ersten Mal. Nur bleibt einem gar nichts anderes übrig. Ein Spezialtip: Bereits beim Suchen nach einem Zeltplatz Ausschau nach einem geeigneten Baum halten, und die ganze Prozedur nicht erst beim Dunkelwerden beginnen – dann ist alles doppelt so schwierig. Um die Säcke wieder herunterzuholen, steckt man den Stock in die vorbereitete Schlinge und zieht. Vorrats- und der Kochplatz sollten mindestens 50 m vom Zelt entfernt sein.

Falls keine Bäume vorhanden sind, hängt man alles über eine steile, von oben unzugängliche, etwa 5 m hohe Klippe oder versteckt die Vorräte in einen mindestens 1 m tiefen und max. 15 cm breiten Felsspalt. Nur Waschbären und Eichhörnchen kommen da `ran.

Pumas bzw. Berglöwen

Mountain lions oder cougars (Pumas) kommen zwar in vielen Gebieten im Westen vor, Attacken auf Menschen sind aber extrem selten. Wer sich trotzdem auf den unwahrscheinlichen Fall vorbereiten will, hier die Tipps:

Einzelpersonen und Kinder sind am gefährdetsten, also besser in einer Gruppe wandern. Nähern Sie sich einem Puma nie, rennen Sie aber auch nicht davon, denn damit schreit man ihm förmlich zu: “Hallo, ich bin ein Beutetier!“ Ruhig bleiben und langsam zurückweichen. Sollte er trotzdem angreifen, bleibt nur noch der Kampf mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln.

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