Geologie und Geschichte der Niagarafälle

Niagarafälle mit Stadtsilhouette; pixabay

Nach der letzten Eiszeit entstanden vor über 12.000 Jahren die Great Lakes, deren Überlaufwasser sich u.a. durch den Niagara River Richtung Meer ergießt. Er ist ganze 56 km lang und fließt vom Lake Erie nach Norden in den Lake Ontario, der das Wasser an den St. Lawrence River weitergibt.

Auf seinem kurzem Weg mit insgesamt 99 m Gefälle durchschneidet der Fluss das Niagara Escarpment. Die Kraft seiner Strömung wusch den weichen Sandstein unter harten, aber porösen, wasserdurchlässigen Kalksteinschichten solange aus, bis der Stein einbrach. Die stetige Erosion bewirkte eine Verlagerung der ursprünglichen Abbruchkante um etwa 1 m pro Jahr, im Laufe der Jahrtausende um insgesamt 11 km.

Für die Indianer waren die Niagarafälle ein mystischer Ort und auch Pater Louis Hennepin, der als erster Weißer 1678 die Fälle sah, sank überwältigt auf die Knie. Damals lieferten die Fälle und ihre Umgebung allerdings noch ein unverfälschtes Naturschauspiel. Mit dem Bau mehrerer Kraftwerke wurde die Wassermenge der Niagara Falls seit den 50er-Jahren um bis zu 75% reduziert. Unterirdische Kanäle entnehmen dem Fluss einige Meilen oberhalb der Fälle bis zu 4.500 m3/sec(!). Aus großen Auffangbecken beidseitig des Niagara schießt das Wasser flussabwärts durch die Turbinen der Kraftwerke (insgesamt 2,5 Megawatt) zurück in das 107 m tiefer liegende Flussbett. Tagsüber verbleibt von April bis Oktober ein Minimum von rund 2.800 m3/sec für die Fälle, nachts und im Winterhalbjahr nur 1.400 m3/sec, davon über 90% für die Horseshoe Falls der kanadischen Seite. Ein Nebeneffekt des Kraftwerks ist die Verringerung der Erosion. Der Abrieb des Felsens an der Abbruchkante ging auf unter 4 cm pro Jahr zurück.

Die kanadischen Horseshoe Falls sind zur Zeit 54 m hoch und 675 m breit, die American Falls 328 m breit, jedoch ca. 2 m höher. Das Wasser fällt dort aber nur 21-34 m tief. Diese Zahlen für sich sind keine Superlative; ihre Attraktion verdanken die Fälle in erster Linie den – trotz der Entnahmen immer noch – enormen über die Klippen stürzenden Wassermassen. Schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurden Touristen vom großen Naturspektakel angezogen. Speziell Hochzeitsreisende entwickelten ein Faible für die Niagara Falls, nachdem ein Bruder Napoleons dort seine Flitterwochen verbracht hatte. Oscar Wilde meinte bissig, die Niagarafälle seien – nach einer Hochzeitsnacht – die zweite große Enttäuschung, »... ein Wunder wären sie nur, wenn sie aufwärts stürzten«.

»Niagara« gilt heute weltweit als Top-Reiseziel. Die jährlich 14(!) Mio. Touristen erwartet dort nicht nur das Naturschauspiel, sondern auch ein auf beiden Ufern überbordendes Kommerz-Angebot. Dabei hat man auf kanadischer Seite bei den Horseshoe Falls das eindrucksvollere Niagaraerlebnis. Auch wer aus den USA anreist, sollte daher unbedingt über die Grenze gehen.

Beide Niagaras Falls sind größere Städte (Kanada 82.000, USA 56.000 Einwohner) voller Motel Strips, Family Restaurants und jeder Menge Amusement. Daneben gibt es (vor allem in Kanada) die verschiedensten Möglichkeiten, die Fälle aus allen Perspektiven zu sehen, aber auch Spazierwege, botanische Gärten, Spielkasinos,Badelandschaften, Marine Parks etc.