Über die Niagarafälle - tot oder lebendig!

Niagarafälle in Aktion
Die legendären Niagarafälle; pixabay CC0

Geschichten, Mythen und Legenden von den berühmten Wasserfällen

Maid of the Mist heißen die Boote, die bis dicht unter die Sturzfluten der Fälle fahren. Echte Maids of the Mist, Jungfrauen der Gischt, waren einst irokesische Mädchen, die regelmäßig geopfert wurden. Man setzte sie in ein mit Früchten und Blüten gefülltes Kanu und übergab sie der Gewalt des Niagara River. Einer Legende nach stürzte sich einst der Irokesenhäuptling Eagle Eye mit über die Klippen, als seine Tochter auf diese Todesfahrt gehen musste.

Nachdem der "Weiße Mann" von den Niagara Falls Besitz ergriffen hatte, stand erst 1827 wieder ein Opfer an. Hotelbesitzer ließen einen ausrangierten Schoner mit wilden Tieren die Fälle hinuntertreiben – als Touristenattraktion! Über 10.000 Schaulustige sollen das Spektakel mitangesehen haben. Soviel Publikum ließ einen gewissen Sam Patch nicht ruhen. Er bastelte sich oberhalb der Bridal Veil Falls ein Sprungbrett, sprang in die Tiefe, überlebte und wiederholte 1829 den Sprung erfolgreich.

Der unübertroffene Zirkusakrobat Blondin trat 1859 an und überwand die Schlucht unterhalb der Fälle auf einem Drahtseil, zog auf halbem Weg von einem Boot noch eine Flasche herauf und leerte sie unterwegs.

Tollkühn steigerte er in den folgenden Jahren mehrfach die Übung: Mal balancierte er per Fahrrad über den Abgrund, mal in Ketten, mal mit Schubkarre oder Fass, das er vor sich her rollte. Höhepunkt seiner Künste jedoch war der Akt mit befeuertem Eisenofen, auf dem er sich Spiegeleier briet und sie in aller Ruhe noch über dem Niagara aufaß. Auch sein Manager musste herhalten; vor 100.000 Zuschauern trug er ihn auf den Schultern heil auf die andere Seite. Niagara-Seiltanzen wurde danach zu einem nationalen Sport. Alle, die es wagten, kamen heil auf der anderen Seite an. Erst ein unglückseliger Steve Peer stürzte 1882 betrunken zu Tode und sorgte für ein Verbot. Ersatz boten vorübergehend die Katarakte im Fluss, speziell der Whirlpool, ein Riesenstrudel. Zunächst versuchten Schwimmer mit und ohne Erfolg, die Stromschnellen lebend zu überwinden.

Ab 1886 begann die »Tonnen-Ära«. Nachdem diverse Fässer samt Insassen den Whirlpool unbeschadet überstanden hatten, rückten die Horseshoe Falls wieder ins Blickfeld. 1901 stieg Annie Taylor, eine Lehrerin, mit ihrer Katze in eine Holztonne, überlebt den Sturz und wurde damit zur ersten Bezwingerin der Niagara Falls. Die Nachahmer waren nun nicht mehr zu halten, die Sache drohte auszuufern. 1912 kam es daher zu einem Verbot der “Provokation”. Das Auge des Gesetzes wachte streng, dass sich niemand mit verdächtigem Gerät dem Fluss näherte. Also musste man bei Nacht und Nebel ran.

Dem Kanadier Dave Munday gelang das sogar wiederholt. Beim letzten Mal nahm er die Kamera mit und filmte den Sturz. Im Foyer des IMAX-Kinos wird das Video gerne gezeigt: nur schäumendes Wasser. Andere waren weniger erfolgreich. Letztes Opfer ist Robert Overacker aus Kalifornien, der 1995 per Jet Ski über die Kante jagte. Er starb, weil sich sein Fallschirm nicht öffnete. Der jüngste Versuch passt zu Niagara Falls als Honeymoon Capital: Ein Pärchen überstand 1996 den Sturz in einer Doppelkapsel nur leicht verletzt. Die komplette Liste aller Erfolge und Versuche steht im Internet: niagaraparks.com

Die Fälle sorgten auch für unbeabsichtigte Sensationen:

An einem Wintermorgen des Jahres 1848 trauten die Anwohner erst ihren Ohren, dann ihren Augen nicht: Der Aufpralldonner der Fälle war verhallt, der Fluss versiegt. Erst Stunden später kam das Wasser zurück. Eine riesige Eisbarriere hatte sich im Lake Erie wie eine Mauer vor den Abfluss des Niagara River geschoben.

1918 riss das Halteseil eines stählernen Arbeitsfloßes. Die an Bord befindlichen Arbeiter fluteten geistesgegenwärtig die Luftkammern und liefen kurz vor den Fällen auf Grund. Da man befürchtete, das Boot würde wieder losgerissen, startete man eine dramatische Rettungsaktion. Aber das Wrack hält sich bis heute und ist beliebtes Fotomotiv. Im Jahr 1960 stürzte der 7jährige Roger Woodward in die Tiefe, nachdem sein Boot, dessen Außenbordmotor ausgesetzt hatte, gekentert war. Er blieb wie durch ein Wunder unversehrt und konnte von einer Maid of the Mist gerettet werden, während sein Freund nicht wieder auftauchte.

Im Gebäude des IMAX-Kinos beim Skylon Tower befindet sich The Daredevil Adventure Collection, in der sämtliche Kamikaze-Aktionen und andere Geschichten rund um die Niagarafälle ausführlich in Wort, Bild und Ton dokumentiert werden und Originalgeräte ausgestellt sind.