Besichtigung von Key West

Zentraler Anlaufpunkt und zugleich die touristischste Ecke im ohnehin sehr touristischen Key West ist der Mallory Square am nordwestlichen Ende der Altstadt direkt am Wasser. Dort legen auch die großen Kreuzfahrtschiffe an, die über die niedrigen Gebäude von Key West hinausragen und sie wie Spielzeughäuser erscheinen lassen. Die Kreuzfahrtpassagiere bleiben immer nur ein paar Stunden, kaufen schnell ein T-Shirt, trinken bei Sloppy Joe’s einen Cocktail und eilen dann schon wieder zum Schiff zurück, um am nächsten Tag auf den Bahamas einen ähnlichen Landausflug zu wiederholen. Die Schiffe müssen aber nicht nur deswegen schon vor Sonnenuntergang wieder ablegen. Abends versammelt sich nämlich die halbe Stadt auf der Mallory Pier, um der im Meer versinkenden Sonne zu applaudieren.

key west ansicht
Key West Stadtansicht; Bild von Monica Volpin auf Pixabay

Sonnenuntergang als Ritual

Wer in Key West ankommt, landet fast zwangsläufig am Mallory Square, dem touristischen Epizentrum der Insel. Hier legen die Kreuzfahrtschiffe an, hier flanieren die Tagesgäste in bunten Hemden – und hier findet allabendlich eine der ungewöhnlichsten Zeremonien Amerikas statt: der Sonnenuntergangsapplaus. Was einst in den 1960er-Jahren als improvisiertes Hippietreffen mit Bongos und Lagerfeuer begann, hat sich heute zu einem beinahe choreografierten Spektakel gewandelt. Wahrsager, Jongleure, Gitarrenspieler und Verkäufer drängen sich dicht an dicht – aber der Moment, wenn die Sonne langsam im Meer versinkt und Hunderte klatschen, hat seinen Zauber nicht verloren.

Auf Erkundung zu Fuß

Key West ist eine fußgängerfreundliche Insel. Wer sich vom Mallory Square Richtung Süden bewegt, kann in zwei bis drei Stunden zu Fuß eine Route beschreiten, die nahezu alle wichtigen Sehenswürdigkeiten verbindet. Die Whitehead Street führt vorbei an Museen, tropischen Gärten und historischen Häusern bis zum Southernmost Point – jenem ikonischen Betondenkmal, das als südlichster Punkt des kontinentalen US-Festlands vermarktet wird. Der Rückweg über die Duval Street, das pulsierende Herz von Key West, führt zurück ins touristische Zentrum – gesäumt von Bars, Galerien und Kuriositäten.

Klassiker mit Charakter

Unweit des Hafens liegt das Hemingway Home – einst Wohnsitz des berühmten Schriftstellers, heute Pilgerstätte für Literaturfreunde, Katzenliebhaber und Fans kolonialer Architektur. Das zweigeschossige Kalksteinhaus ist umgeben von einem tropischen Garten, in dem angeblich Nachfahren von Hemingways Katzen leben – viele mit sechs Zehen. Ein Besuch lohnt vor allem wegen des erhaltenen Arbeitszimmers und der literarischen Anekdoten, die dort erzählt werden.
www.hemingwayhome.com

Ebenso sehenswert: das Little White House, ein bescheidenes Anwesen, in dem US-Präsident Harry S. Truman mehrfach seinen Urlaub verbrachte. Die Führungen bieten weniger museale Highlights als lebendige Einblicke in die politische Kultur der Nachkriegszeit.
www.trumanlittlewhitehouse.com

Schiffbruch, Schätze und Natur

Key West lebt seit jeher mit und vom Meer – und von den Legenden, die es heranspült. Das Mel Fisher Maritime Museum zeigt originale Funde aus gesunkenen spanischen Galeonen des 17. Jahrhunderts – Goldbarren, Münzen, Schmuckstücke. Das benachbarte Shipwreck Historeum hingegen setzt auf eine theatralische Inszenierung der Wrackplünderer-Ära: mit Turm, Schauspielern in historischen Kostümen und Multimediaeffekten. Wer es ruhiger mag, besucht das Audubon House, das dem Naturforscher John James Audubon gewidmet ist. Besonders der Garten lohnt einen Abstecher – ein botanisches Idyll mitten in der Stadt.

Der südlichste Punkt und die Conch Republic

Am Ende der Whitehead Street steht das wohl meistfotografierte Objekt der Insel: die schwarz-rot-gelb gestrichene Betonsäule am Southernmost Point. Früher stand dort nur ein Schild – doch das wurde zu oft gestohlen, und so entstand 1983 die heute ikonische Boje. Der Standort ist Symbol und Mythos zugleich, denn geografisch korrekt ist er nicht: Teile des angrenzenden Militärgeländes liegen noch etwas weiter südlich. Dennoch gilt der Ort als Pflichtstopp.

Die Aufschrift „The Conch Republic“ verweist auf ein Kapitel regionaler Eigenwilligkeit: 1982 erklärte sich Key West für einen Tag unabhängig von den USA – aus Protest gegen temporäre Grenzkontrollen, die den Tourismus beeinträchtigten. Die Aktion war satirisch, aber effektiv: Die Medien griffen sie auf, die Regierung lenkte ein – und Key West vermarktete seither erfolgreich seine ironische Eigenstaatlichkeit.
www.conchrepublic.com

Strand statt Trubel

Wer eine Pause vom urbanen Treiben sucht, findet sie im Fort Zachary Taylor State Park. Der Zugang erfolgt über das frühere Navy-Gelände – was der Abgeschiedenheit zugutekommt. Der Naturstrand dort gilt als der beste der Insel: klares Wasser, tief genug zum Schwimmen, teils schattige Liegeflächen unter Pinien. Ein Bistro sorgt für Verpflegung, das alte Fort selbst ist zugänglich und historisch interessant – erbaut ab 1845, diente es der Verteidigung gegen Konföderierte, Spanier und zuletzt gegen potenzielle deutsche Angriffe im Zweiten Weltkrieg.
www.fortzacharytaylor.com

Altstadt hinter der Fassade

Jenseits der Hauptstraßen liegt das alte Key West: ein Viertel aus verzierten Holzveranden, pastellfarbenen Fassaden, wehenden Palmen und überraschender Ruhe. Besonders lohnend ist ein Abstecher zum Key West Cemetery zwischen Olivia und Angela Street. Da der Boden kaum unter dem Meeresspiegel liegt, wurden viele Gräber oberirdisch angelegt. Entstanden ist ein labyrinthischer Friedhof mit weißgetünchten Grabkammern, kuriosen Inschriften und einer Atmosphäre, die eher an Kuba oder New Orleans erinnert als an Florida.

Duval Street – Klischee und Kultur

Die Duval Street zieht sich schnurgerade von der Atlantikküste bis zum Golf von Mexiko. Tagsüber dominiert der Souvenirkitsch: T-Shirts, Margaritabecher, Conch-Muscheln. Doch abends verwandelt sich die Straße in ein Lichtermeer aus Musik, Stimmen und klirrenden Gläsern. Manche Bars – wie Sloppy Joe’s oder Jimmy Buffett’s Margaritaville – sind längst Marken geworden. Doch wer genauer hinsieht, findet zwischen den Pubs kleine Galerien, historische Theater wie das Red Barn, das kubanisch geprägte San Carlos Institute oder die liebevoll geführte Buchhandlung Valladares and Son.

Hier verdichtet sich der Charakter der Insel: eine schräge, charmante Mischung aus Party und Provinz, aus Kommerz und Charakter, in der sich nicht alles ernst nimmt, aber vieles ernst gemeint ist.