Natchez am Mississippi – Südstaatenromantik mit brüchiger Pracht

Natchez liegt knapp 170 mi nordwestlich von New Orleans am steilen Ostufer über dem Mississippi. Es wurde 1716 als Fort Rosalie gegründet. 1729 zerstörten es die Natchez-Indianer, die später in einer Vergeltungsaktion von Franzosen und Choctaw-Indianern fast ausgerottet wurden.

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Natchez, Mississippi, bei Nacht. Foto: pixabay, CC0

Frühe Geschichte und koloniale Mächte

Gegründet wurde Natchez 1716 als französisches Fort Rosalie – zur Sicherung des Handels und zur Kontrolle der Flusspassage. Nur 13 Jahre später, im Jahr 1729, wurde die Siedlung durch einen Überfall der Natchez-Indianer nahezu ausgelöscht. Die brutale Vergeltung durch französische Kolonialtruppen und ihre Choctaw-Verbündeten führte nahezu zur Auslöschung des Natchez-Volkes.

Die Stadt wechselte danach mehrfach die Flagge: 1763 übernahmen die Briten im Zuge des Pariser Friedens die Kontrolle, 1779 fiel Natchez an Spanien, und 1798 wurde es schließlich Teil der jungen Vereinigten Staaten von Amerika.

Glanzzeit im 19. Jahrhundert

In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts erlebte Natchez seine wirtschaftliche Hochblüte. Die Kombination aus Hafenlage, Baumwollhandel und Sklavenökonomie ließ hier einen beispiellosen Reichtum entstehen: In der Vorkriegszeit lebte fast jeder zweite Millionär der USA in oder um Natchez. Anders als üblich im Süden, entstanden viele Villen und Herrenhäuser nicht auf den Plantagen selbst, sondern innerhalb der Stadt, was Natchez bis heute ein besonderes architektonisches Gepräge verleiht.

Während des Amerikanischen Bürgerkriegs blieb Natchez – aufgrund fehlender Eisenbahnanbindung und mangelnder strategischer Bedeutung – weitgehend unzerstört. Dadurch hat sich ein außergewöhnlich geschlossenes Ensemble aus der Antebellum-Ära erhalten.

Architektur: Über 500 erhaltene Herrenhäuser

Rund 500 Antebellum-Häuser aus der Zeit vor dem Sezessionskrieg existieren noch heute – viele davon in ausgezeichnetem Zustand. Diese Architekturdenkmäler wurden über Generationen gepflegt oder in jüngerer Zeit sorgfältig restauriert. Besonders sehenswert sind:

  • Longwood – ein achteckiger, nie vollendeter Prachtbau im maurischen Stil (natchezpilgrimage.com)
  • Stanton Hall – eine der größten und imposantesten Residenzen der Südstaaten
  • Rosalie Mansion – mit Blick auf den Mississippi, am ehemaligen Standort des französischen Forts

Zahlreiche dieser Häuser können im Rahmen von geführten Touren oder Pilgrimage-Events besichtigt werden. Letztere finden traditionell im Frühjahr und Herbst statt und verbinden Geschichte, Architektur und Kostümkultur.

www.natchezpilgrimage.com
www.visitnatchez.org

Stadtbild zwischen Pracht und Patina

Trotz – oder gerade wegen – ihrer historischen Relevanz wirkt die Stadt heute an vielen Stellen nostalgisch und still, fast aus der Zeit gefallen. Neben restaurierten Prachtvillen gibt es auch Straßenzüge mit Leerstand und Verfall, die daran erinnern, dass Natchez im 20. Jahrhundert wirtschaftlich an Bedeutung verloren hat.

Dennoch hat sich die Stadt ihren südstaatlichen Charme bewahrt: Magnolienbäume, schmiedeeiserne Balkone, viktorianische Friedhöfe und die mächtige Präsenz des Mississippi prägen das Stadtbild. Besonders schön sind Spaziergänge entlang der Bluffs, jener natürlichen Anhöhe, von der aus sich beeindruckende Blicke auf den Fluss und die darunterliegende Ebene ergeben.

Ein Zeitfenster in den alten Süden

Natchez ist kein Ort des schnellen Erlebens – sondern einer des kontemplativen Sehens. Wer sich für amerikanische Geschichte, südstaatliche Architektur und kulturelle Kontraste interessiert, wird hier fündig. Zwischen Glanz und Verfall erzählt Natchez die Geschichte eines Südens, der sich immer noch im Spannungsfeld von Vergangenheit und Gegenwart bewegt.

Weitere Informationen:

Longwood Mansion: www.longwoodnatchez.com

Offizielle Tourismusseite: www.visitnatchez.org

Historische Hausbesichtigungen & Veranstaltungen: www.natchezpilgrimage.com

Museum of African American History & Culture: www.visitnapac.net