Geschichte der Insel: Von Piraten und Kriegsgefangenen
Trotz ihrer Abgeschiedenheit hat Cabrera eine bewegte Geschichte. Bereits im 14. Jahrhundert wurde eine Wehrfestung errichtet, um Mallorcas Küste vor Piratenangriffen zu schützen. Das Kastell auf Cabrera überblickt den Naturhafen aus 72 Metern Höhe und diente zur Frühwarnung. Der Dienst auf der Insel galt als Strafversetzung – er war gefürchtet und einsam.
Ein dunkles Kapitel schlug während der Napoleonischen Kriege auf: Nach der Schlacht von Bailén 1808 wurden zwischen 6.000 und 9.000 französische Kriegsgefangene nach Cabrera gebracht. Die Unterbringung war katastrophal, Lebensmittel knapp, medizinische Versorgung kaum vorhanden. Nur rund 3.600 Männer überlebten die Gefangenschaft. Ein Obelisk auf der Insel erinnert bis heute an dieses Leid.
Im 19. Jahrhundert versuchten mallorquinische Familien vergeblich, Landwirtschaft und Weinbau auf Cabrera zu etablieren. Ab 1916 wurde die Insel militärisch genutzt, was bis in die späten 1980er Jahre andauerte. Erst danach begannen konkrete Naturschutzmaßnahmen – 1991 erhielt Cabrera den Status eines Nationalparks.
Der Nationalpark: Schutz von Land und Meer
Heute ist das „Maritim-Terrestrische Nationalpark Archipiélago de Cabrera“ eines der wichtigsten Naturschutzgebiete Spaniens. Seit der Erweiterung 2019 umfasst der Park rund 90.000 Hektar – größtenteils Meeresfläche. Die Nutzung ist streng reglementiert. Weder Fischerei noch das Sammeln von Tieren oder Pflanzen sind erlaubt. Cabrera gilt als eines der am besten erhaltenen marinen Ökosysteme im Mittelmeerraum. Auch wissenschaftlich ist die Insel von Bedeutung: Forscher untersuchen hier die Auswirkungen konsequenten Schutzes auf die Artenvielfalt.
Für Besucher bedeutet das: Nur eine begrenzte Zahl von Schiffen darf täglich anlanden. Viele Bereiche sind für die Öffentlichkeit gesperrt. Cabrera steht exemplarisch für ökologisch verantwortungsvollen Tourismus.
Flora und Fauna: Vielfalt an Land und unter Wasser
Trotz karger Bedingungen wächst auf Cabrera eine bemerkenswerte Vielfalt. Über 400 Pflanzenarten sind dokumentiert, darunter einige endemische wie das Balearen-Johanniskraut oder der Baleares-Tragant. Typisch sind Garrigue-Vegetation mit Rosmarin, Wacholder und Zwergpalmen, an geschützten Stellen auch Aleppokiefern.
Die Tierwelt ist ebenso interessant: Besonders auffällig sind die endemischen Balearen-Eidechsen, die in mehreren Unterarten auf den Inselchen vorkommen. Über 150 Vogelarten wurden beobachtet, darunter die bedrohten Balearen-Sturmtaucher, Eleonorenfalken und Fischadler.
Im Meer lebt eine außergewöhnlich reiche Tierwelt. Über 200 Fischarten tummeln sich rund um Cabrera, darunter Zackenbarsche, Barrakudas, Meeräschen und gelegentlich Delfine. Die ausgedehnten Seegraswiesen (Posidonia oceanica) sind nicht nur Lebensraum, sondern auch ein wichtiger CO₂-Speicher und Wasserfilter.
Aktivitäten: Wandern, Baden, Schnorcheln
Die Besucherinsel Cabrera kann im Rahmen eines Tagesausflugs erkundet werden. Vom Hafen aus führen markierte Wege über die Insel. Besonders lohnend ist der Aufstieg zur Festung mit Blick auf Bucht und Archipel. Weitere Pfade führen zum Denkmal der französischen Kriegsgefangenen oder – bei geführten Touren – bis zum entlegenen Leuchtturm N’Ensiola.
An mehreren Stellen laden naturbelassene Strände zum Baden ein. Sa Platgeta, direkt am Hafen, und Es Palmador sind besonders beliebt. Beide bieten kristallklares Wasser, feinen Kies oder Sand und Ruhe – es gibt keine Bars oder Sonnenschirme. Schnorcheln ist ein Genuss: Schon wenige Meter vom Ufer entfernt schwimmen Neonfische und gelegentlich Oktopusse. Auch geführte Tauchgänge sind möglich, jedoch nur mit Sondergenehmigung.
Sehenswürdigkeiten auf der Insel
Neben der Natur gibt es einige interessante Orte:
- Festung von Cabrera: Trutziges Fort aus dem 14. Jahrhundert mit Aussicht über die Insel (ggf. wegen Renovierung geschlossen!).
- Museum und Botanischer Garten: In einem alten Lagerhaus befindet sich heute ein kleines Museum zur Inselgeschichte, daneben ein Garten mit typischen Pflanzenarten.
- Blaue Grotte (Cova Blava): Ein Meeresgrottenwunder, das mittags in intensivem Blau leuchtet. Hier wird meist auf der Rückfahrt ein Badestopp eingelegt.
- Leuchtturm N’Ensiola: Ein isolierter Leuchtturm an der Südspitze, der nur bei geführten Wanderungen erreichbar ist.
Einkehrmöglichkeit
Die einzige Cantina auf Cabrera liegt direkt am Hafen und bietet kalte Getränke, Snacks wie Chips oder einfache tapas und bocadillos sowie einige schattige Sitzplätze. Sie ist nur tagsüber bei Besucherbetrieb geöffnet, akzeptiert ausschließlich Bargeld und kann bei geringer Auslastung geschlossen bleiben. Da es keine warmen Speisen oder verlässliche Versorgung gibt, sollten Besucher stets eigene Verpflegung und ausreichend Wasser mitbringen.
Anreise und Touranbieter
Cabrera ist ausschließlich per Boot erreichbar. Die Überfahrten starten fast ausschließlich vom Hafen von Colònia de Sant Jordi im Süden Mallorcas. Anbieter wie „Mar Cabrera“ oder „Excursions a Cabrera“ bieten tägliche Touren zwischen Mai und Oktober an. Die einfache Fahrt dauert etwa 40 bis 60 Minuten. Die Touren dauern je nach Angebot zwischen drei und sechs Stunden und kosten zwischen 40 und 70 Euro pro Person. Inklusive sind oft der Badestopp an der Blauen Grotte und der Besuch der wichtigsten Sehenswürdigkeiten.
Boote mit Übernachtungsmöglichkeit benötigen eine vorherige Genehmigung. Auch für den Tagesbesuch empfiehlt sich eine frühzeitige Buchung, da die Anzahl der täglich zugelassenen Besucher limitiert ist.
Besuchsregeln im Nationalpark
Um die Natur zu schützen, gelten strenge Vorschriften:
- Nur freigegebene Wege dürfen betreten werden.
- Kein Müll darf hinterlassen werden; es gilt „Carry in – Carry out“.
- Das Sammeln von Pflanzen, Tieren oder Muscheln ist verboten.
- Feuer und Rauchen sind stark eingeschränkt oder untersagt.
- Schnorcheln ist erlaubt, Tauchen nur mit Genehmigung.
Beste Reisezeit
Die ideale Zeit für einen Ausflug nach Cabrera ist zwischen Mai und Oktober. Das Wetter ist dann stabil, das Meer warm, die Bootsverbindungen regelmäßig. Besonders lohnend ist der Frühling: Dann steht die Vegetation in voller Blüte, die Temperaturen sind angenehm, und die Besucherzahlen moderat. Im Hochsommer hingegen ist es heiß, dafür sind die Badebedingungen optimal. Im Herbst bleibt das Wasser lange warm, und der Andrang lässt nach. Im Winter ist der Zugang eingeschränkt, doch für Wanderfreunde mit Wetterglück kann auch diese Zeit reizvoll sein.
Tipp
Ein Ausflug nach Cabrera ist ein besonderes Erlebnis für Naturfreunde, Geschichtsinteressierte und Ruhesuchende. Die Kombination aus geschützter Inselnatur, spannender Historie und ökologischer Vorbildfunktion macht Cabrera zu einem der lohnendsten Ausflugsziele Mallorcas. Ob beim Schnorcheln in türkisfarbenem Wasser, beim Wandern auf einsamen Pfaden oder beim Blick von der Festung über die stille Bucht – Cabrera bietet eine entschleunigende Erfahrung, die in Erinnerung bleibt.
Mehr Infos und Aktuelles unter: https://www.spain.info/de/natur/nationalpark-cabrera/