Mallorcas Geschichte und Kultur, Teil IV

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Jaume III

Der Nachfolger Jaumes II starb 1324 nach nur 13 Jahren Regentschaft, und der Sohn seines Bruders übernahm als Jaume III die Geschicke Mallorcas. Er führte die Insel zu einer auf Seefahrt und Handel beruhenden wirtschaftlichen Blüte. Die alten aus der Erbteilung resultierenden Probleme waren indessen ungelöst. Pedro IV von Aragon erhob Anspruch auf die Krone Mallorcas, landete 1343 bei Peguera und schlug die mallorquinischen Truppen. Der König floh auf seine französischen Provinzen und sann auf Rache. Am Ende verkaufte er die Region Montpellier an den französischen König und rüstete mit dem Erlös ein Heer aus, um nach Mallorca zurückzukehren. Das gelang zunächst, aber er konnte die Insel nicht halten: in der 1349 verlorenen Schlacht von Llucmajor fiel Jaume III. Für die Witwe und seine Kinder wurde Schloß Bellver zum Staatsgefängnis. Mallorca verlor damit für Jahrhunderte seine nur wenige Jahrzehnte genossene Unabhängigkeit und mußte sich nun bis zur Demokratisierung 1975 vom Festland bevormunden lassen.

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Handelszentrum Mallorca

Mit dem Autonomieverlust wurde die Bevölkerung den neuen Herren aus Aragon gegenüber abgabepflichtig. Das führte immer wieder zu Unruhen. Auch zwischen den geknechteten Untertanen und der Aristokratie der Insel kam es zu blutigen Auseinandersetzungen. Aber trotzdem setzte sich der bereits unter Jaume III begonnene Aufstieg Mallorcas zu einem der wichtigsten Handelsplätze des westlichen Mittelmeers fort. So entstand etwa im 15. Jahrhundert die einem gotischen Kirchenschiff ähnliche Börse Sa Llotja. Mallorquinische Seefahrer genossen Weltruf, und die auf Mallorca beheimateten Kartographen zeichneten die besten Seekarten ihrer Zeit.

Türkische Piraten

Die historischen Ereignisse schlugen jedoch gegen Ende des 15. Jahrhunderts wieder zuungunsten Mallorcas aus. Die Türken erlangten die Herrschaft über das östliche Mittelmeer und setzten sich in Nordafrika fest. Von dort aus überzogen sie die Handelswege des westlichen Mittelmeers mit Seeräuberei. Nach einem gescheiterten Versuch Karls V (von Habsburg = Carlos I von Spanien, d.h., der durch Heirat 1469 zusammengeschlossenen Königreiche
von Aragon mit Balearen und Kastilien), die Türken in offener Seeschlacht zu besiegen, stiegen sie zur unangefochtenen Seemacht auf und plünderten um die Mitte des 16. Jahrhunderts nahezu unbehelligt die Küstenstädte der Mittelmeerländer. Auch Mallorca blieb nicht verschont. Orte wie Andratx, Alcúdia, Pollença und Sóller wurden von Piratenüberfällen heimgesucht. Die Türken nutzten Buchten und Höhlen Mallorcas zudem als Schlupfwinkel für weitere Unternehmungen. Aus dieser auch so genannten »Türkenzeit« stammen die zahlreichen Wacht- und Verteidigungstürme (Talaias) rund um die Insel.

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