Die Orangen von Soller

Orangenhain / © by RKH - Verlag
Orangenhain / © by RKH-Verlag Grundmann GmbH

 Das Tal von Sóller steht voller Orangenbäume, über 100.000 sollen es (noch!) sein. Bis zu 100 kg trägt ein einziger Baum, dennoch stellen die Orangen dort keinen Wirtschaftsfaktor mehr dar. Zwar sind mallorquinische Orangen süßer und saftiger als die bei uns im Supermarkt erhältlichen Apfelsinen aus Israel, der Türkei, vom spanischen Festland und sonstwoher.

Nur aus Mallorca kommen sie trotz ihrer hohen Qualität selten; selbst in den Supermärkten der Insel werden mehr importierte als billigere einheimische Orangen angeboten. Das ist kein Wunder, denn sie werden – außer für den lokalen Bedarf – kaum noch geerntet, verrotten zum Teil unter und an den Bäumen. Abernten und Transport, nicht zu reden von der Baumpflege, sind auf Mallorca teurer als der erzielbare Preis, sagen viele Plantagenbesitzer.

Mittlerweile hat sich aber durchaus die Erkenntnis durchgesetzt, dass die Orangenbäume nicht nur unter wirtschaftlichen Aspekten bewertet werden dürfen. Sie bilden eine Art mallorquinisches Kulturgut, das auch für den Tourismus bedeutsam ist. Während der Hauptreifeperiode von Februar bis Mai (wegen der unterschiedlichen Sorten können Orangen sogar von November bis Juli geerntet werden) sind die vollen Bäume mit ihren satten Farben ein attraktives, für das Image der Insel typisches und wichtiges Fotomotiv. Das gilt auch für die Blüte, die überwiegend auf das Frühjahr von Januar bis März fällt. Beides zieht Besucher an. Auch Überlegungen zur Erhaltung der Artenvielfalt spielen eine Rolle.

In dieser Situation sind Rezepte für eine »Umnutzung« gefragt, denn auf Dauer werden die Orangenplantagen ohne Einnahmen für ihre Eigner nicht bestehen können. Ein interessanter Ansatz in diesem Zusammenhang ist das Angebot der Hotelfinca Cas Sant, für €82 pro Jahr die Patenschaft für einen Orangenbaum zu übernehmen. Damit erhält der Pate ein Deputat von 20 Gläsern Orangenmarmelade und 10 kg Orangen (Selbstabholung) und das gute Gefühl etwas zur Erhaltung der Bäume zu tun. Außerdem gibt’s noch 5-10%Rabatt auf die Zimmertarife für Paten, die gleich neben ihrem Baum urlauben wollen. Eine Patenschaft ist aber durchaus nicht auf Gäste des Hauses beschränkt.

Eine ganz andere Nutzung kommt den Gästen der wunderbaren Finca Ca N’Ai zugute. Die sonst strauchartigen und wegen des Pflückens niedrig gehaltenen Bestände hat man zum Teil einfach wachsen lassen und immer wieder von den unteren Zweigen befreit. Dort gibt es nun einen regelrechten kleinen Wald von über hundertjährigen Orangenbäumen, unter denen man ungehindert spazieren gehen kann. Rund um den Pool bilden diese Bäume natürliche Sonnenschirme. Und wer hochlangt, hat gleich frische Früchte zur Hand. Erlaubt und sogar gern gesehen, denn jede vom Gast gepflückte Orange vermindert den Aufwand für die Beseitigung heruntergefallener am Boden verfaulter Früchte.