Pflanzwirtschaft und -ästhetik in Myanmar

Mit einem großen Spektrum an Vegetations- und Klimazonen geht ein außerordentlicher Artenreichtum einher, der für die Bevölkerung von Myanmar nützlich, oft sogar ihre Lebensgrundlage ist. Die vielen Pflanzen – oder besser gesagt ihre Ernte – ernähren die Nation nicht nur, sondern erlauben auch, Produkte und Erzeugnisse ins Ausland zu verkaufen. Es überrascht daher nicht, daß Burma historisch gesehen zu den Zielen früher Kaufleute aus Arabien, Indien und China gehörte, die den Handel mit Nahrungsmitteln, Stimulanzien und Gewürzen – ob Reis, Tee, Pfeffer, Muskat, Gewürznelken oder Zimt – schon damals entdeckt hatten.

Vorwiegend durch arabische Kaufleute haben einige dieser Kostbarkeiten bereits das antike Griechenland und Rom erreicht. Sehr viel später, im fünfzehnten und sechzehnten Jahrhundert, überquerten europäische Entdecker die Ozeane auf der Suche nach neuen Wegen, neuen Ländern und hochwertigen Waren. Die Schätze, die sie in Südostasien vorfanden, waren Gewürze und stimulierende Genußmittel.

Mit der Zeit führte die Entdeckerlust zur Ausbeutung: Die europäischen Großmächte errichteten neue politische, militärische und wirtschaftliche Ordnungen, schufen Handelsbeziehungen, organisierten die Manufaktur und nahmen die Bodenschätze in Besitz. Bald merkten die Kolonialherren auch, daß Land- und Forstwirtschaft (Abholzung) ein äußerst gewinnträchtiges Geschäft waren, wenn die Rohmaterialien und -erzeugnisse exportiert werden konnten.

Burmas wirtschaftliche Attraktivität lag in seinem großen Reisüberschuß und den üppigen Hartholzbeständen. Die Kolonialmächte hatten ein wachsames Auge auf die einheimischen Nutzpflanzen ihrer jeweiligen Kolonien, siedelten aber auch eine Vielzahl tropischer Pflanzen aus anderen Teilen der Welt dort an. Der umfangreiche Import fremder Pflanzen wie Bananen, Kaffee, Tee oder Kautschukbäume, um nur einige zu nennen, führte in Burma und ähnlichen Ländern zu einer beträchtlichen Erweiterung des Angebots an Kulturpflanzen, besonders solchen, die ein gutes Geschäft versprachen.

Heute ist Burma mit der größten Artenvielfalt in ganz Südostasien gesegnet. Etwa 40 Prozent des Landes sind mit Naturwald und weitere 30 Prozent mit Sekundärwald bedeckt. In den tropischen Regenwaldgebieten können sich auf einem Hektar mehr als hundert Baumarten versammeln, landesweit gibt es insgesamt über zweitausend. Burma ist für seine Harthölzer berühmt, besonders für seine Teakbestände, die 70 Prozent der Weltreserven ausmachen.

Aber der Begriff „Harthölzer” ist ungenau. Im weiteren Sinne umfaßt er jedes Holz außer dem von Kiefern, Fichten und anderen Nadelbäumen. Im engeren und praktischeren Sinne bezeichnet er nur strapazierfähiges, schweres Holz mit einer kompakten Struktur. Dieser Definition gemäß gelten Ebenholz, Ahorn, Walnuß und Mahagoni als Harthölzer. In Burma fügt man dem noch Teak, Rosenholz (padauk), burmesisches Eisenholz (pinkado) sowie Kirsch- und Sandelholz hinzu.

Im Laufe meiner beiden Reisen, insbesondere bei meinem Besuch im Shan Staat, sind mir noch andere Bäume begegnet: Hoch aufragende Tamarinden, mächtige, schattenspendende Banyanbäume, Alleen von Eukalyptus und Plantanen, Scheffleria-, Drachen- und Feigenbäume, Wildpflaumen und Wildkirschen, Mango, aber auch Kiefern, Tannen und im Norden sogar Eichen. Die weitverbreitete Banane, obgleich eine Staude und kein Baum, erreicht rund um die Häuser eine so imposante Höhe, daß sie mit ihrem Scheinstamm wirklich aussieht wie ein großer Baum.