Bereits beim Lesen des Vorworts fällt auf, wie bildhaft die Autorin ihre Erlebnisse zu schildern vermag. Der halbjährige Einsatz als Entwicklungshelferin wird vom Flug an chronologisch geschildert und mit dicht geschilderten Einschüben über Personen, deren Denken und Handeln beim Lesen sehr berührt, durchbrochen. Die Einschübe enthalten immer eine Entwicklungsperspektive einzelner Menschen, sie werden „Fatou wacht auf“, „Abdul wacht auf“ oder „Aliou wacht auf“. Während der Handlungsablauf aus der Perspektive der Autorin geschildert wird, sind die individuellen Einschübe von der Außenperspektive betrachtete, dichte Beschreibungen. Sabin Läufer nimmt ihre Umgebung sehr präzise wahr und beschreibt die Details, so dass für die Lesenden ein lebendiges Bild ihrer Umgebung in Afrika aufscheint und die Personen des Umfeldes in Ihren Gefühlen und Verhaltensweisen aus dem Buch heraustreten lässt.
Interessant wirken die zeitlichen Klammern, wenn die Autorin beschreibt, wie sie zum ersten Mal die heruntergekommenen überfüllten Kleinbusse beobachtet und gleichzeitig den Blick in den zukünftigen Erfahrungsraum eröffnet, dass sie später wie selbstverständlich dieses Verkehrsmittel nutzte. Zuweilen steigert es auch die Spannung, wenn die späteren Erfahrungen z.B. mit dem Nutzen der Machete des Nachtwächters angedeutet werden.
Das Buch ist nicht nur anschaulich beschrieben formuliert, sondern auch gespickt mit lustigen oder ironischen Anmerkungen wie z.B. der, dass das Ankommen zur Arbeit um 20.00 für den erklärten Arbeitsbeginn um 19.00 als Zeichen besonderer Pünktlichkeit gewertet wird.
Konfrontiert mit ihren im Eingangskapitel offengelegten beachtlichen Vorinformationen über das Land wirken im Kontrast die tatsächlichen Erlebnisse vor Ort besonders dicht. Beim Lesen wird klar, wie intensiv die Autorin beobachtet und wie gut sie das den Lesern zu übermitteln vermag. So beschreibt sie beispielsweise die Souvenirstände mit afrikanischen Holzarbeiten so genau, dass wir als Lesende die Herstellung und die Färbung durch schwarze Schuhcreme erfahren und auch die einzelnen dargestellten Figuren anschaulich vor Augen sehen, ohne selbst dabei zu sein.
Die Autorin beschränkt sich nicht auf Erlebniserzählung, diese wird immer wieder durch analysierende Einschübe vertieft. Insofern spricht sie ein breites Lesepublikum an, nämlich diejenigen, die sich am Einzelfall und der Subjektivität orientieren, wie auch diejenigen, die eine stärker analytische Herangehensweise wünschen.
Dieses Gambia-Buch ist nicht nur informativ, spannend und an vielen Stellen - wie der Geschichte von Bruno, dem gestohlenen Esel – anrührend geschrieben, sondern auch ein wirkliches Coachingbuch für interkulturelle Kompetenz. Besonders die schockierenden Erfahrungen beim Besuch des von einer deutschen Initiative geförderten Krankenhausprojektes sind sehr aufklärerisch und zeigen das Ausmaß nötigen Verständnisses einer anderen Kultur auf. Wer in Afrika vor Ort in der „Entwicklungshilfe“ arbeiten will, sollte vorher dieses Buch lesen, um sich besser vorbereitet auf das einstellen zu können, was auf sie/ihn zukommt.
Sabine Läufer, Gambia - ein Blick auf Afrika, Reisebuch Verlag 2020, Tb 322 Seite, 12,80€
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