Stichwort: Shanty - Definition
Im vielfältigen Programm der Juister Kurverwaltung finden sich auch die Beiträge des hiesigen Shantychors. Ebenso auf anderen Inseln zählen Darbietungen dieser Gesangsart zum üblichen kulturellen Angebot. So stellt sich die Frage, was sich hinter dem Begriff „Shanty“ eigentlich verbirgt.
Der Ursprung dieses Wortes lässt sich auf „chanter“ aus dem Französischen, zu Deutsch „singen“, zurückführen. Ursprünglich handelte es sich bei den Shanties um die Arbeitslieder der Matrosen auf den Segelschiffen. Bei gemeinsamen Tätigkeiten gesungen, wirkten diese motivierend und sollten Schwung in die Arbeit bringen, vergleichen lässt sich dies mit der Wirkung von Marschliedern, die auch durchaus ein besseres Vorankommen ermöglichen.
Und tatsächlich scheint es zu wirken: Richard Henry Dana, Verfassers des Seeklassikers „Two Years before the Mast“ (1840), war der Meinung, dass es unmöglich sei, den Anker eines großen Segelschiffes wieder an Bord zu holen, wenn am Gangspill nicht gleichzeitig ein Shantygesang ertönt – und genau dort, wo sich die Vorrichtung zum Einholen der Ankerkette befand, war auch der präferierte „Einsatzbereich“ dieser besonderen Lieder.
Gewöhnlich war es ein Vorsänger, der den Ton angab – in hohem Tenor oder mitunter gar Falsett –, und die Seemänner oder Janmaaten, wie man sie an der Küsten in der Umgangssprache bezeichnete, stiegen dann raustimmig in den Refrain ein. Romantisierendem Klischeedenken entspringt hingegen die Vorstellung, dass dabei auch das „Schifferklavier“, also die Ziehharmonika, zum Einsatz kam – ein so teures Musikinstrument lag damals nicht ansatzweise im Budget eines armen Arbeiters vor dem Mast, heute ist es aber ein unverzichtbares Begleitwerk bei Seemannsdarbietungen. Der Klang von Mundharmonika oder Geige, manchmal auch einer selbstgefertigten „Teufelsgeige“, erschallte hingegen immer wieder einmal auf der Back.
Ein guter Shantymann zu sein, das beinhaltete immer auch das Komponieren: Egal ob es um spöttische Verse über den „Alten“ und die Steuermänner, über schlechte Mahlzeiten oder andere Nöte an Bord der Schiffe ging. Ein Skipper mit Grips im Kopf drückte dabei schon mal beide Augen zu, denn die Lieder schadeten niemandem, sondern sorgten vielmehr gute Stimmung in der Mannschaft. Lediglich ein „oller Gniefel“ auf der „Magellan“, einer Bark aus Hamburg, demonstrierte, dass er keinen Humor und noch weniger Verständnis hatte, indem er seinen Shantymann Robert Hildebrandt mit dreimonatigem Heuerabzug bestrafte, da er den Shanty-Klassiker „Rolling Home“ ins Deutsche übersetzt und die Umstände an Bord nach Meinung des Alten dabei zu sehr als Satire verarbeitet hatte.
Es könnte sich beim Skipper der „Magellan“ aber auch ganz einfach um einen äußerst kunstsinnigen Mann gehandelt haben, welcher die Ansicht vertrat, dass der vermutlich schönste Shanty-Klassiker übersetzt einiges an seiner Schönheit eingebüßt hätte.
In der Regel gab ein Vorsänger den Ton an, und zwar in hohem Tenor oder sogar Falsett, und die Janmaaten fielen dann, während sie sich ins Zeug legten, mit rauen Stimmen in den Refrain ein. Dass dabei auch das "Schifferklavier" (sprich die Ziehharmonika) gequetscht wurde, ist romantischer Unsinn. Solch ein teures Instrument, heute unverzichtbares Utensil bei "seemännischen" Darbietungen, konnte sich ein armer Mann vor dem Mast damals überhaupt nicht leisten. Aber eine Mundharmonika oder Geige, mitunter die selbstgebaute "Teufelsgeige", erklang dann schon mal auf der Back.
Hier die englische Originalversion von "Rolling Home":
Call all hands to man the capstan,
See the cable run down clear;
Heave away, and with a will, boys,
for old England we will steer.
And we’ll sing in joyful chorus
In the watches of the night,
And we’ll sight the shores of England
When the grey dawn brings the light.
Up aloft amid the rigging,
Blows the loud exalting gale;
Like a bird’s wide out-stretched pinions,
Spreads on high each swelling sail.
And the wild waves cleft behind us,
Seem to murmur as they flow:
There are loving hearts that wait you
In the land to which you go.
Many thousand miles behind us,
Many thousand miles before,
Ancient oceans have to waft us
To the well-remembered shore.
Cheer up Jack, bright smiles await you
From the fairest of the fair,
And her loving eyes will greet you
With kind welcomes everywhere.
Now farewell, Australia’s daughters,
We shall leave your fruitful shore,
We shall soon cross deep blue waters,
To see our homes and friends once more.
We shall sing backsongs and shanties,
Say good-bye to all friends here,
We shall soon trip our anchor,
And for old England we will steer.
Rolling home, rolling home,
Rolling home across the sea,
Rolling home to dear old England,
Rolling home, dear land, to thee.
(Dieser Refrain folgt jeder Doppelstrophe des Shantys).